Art of Hosting
Foto: Fuchs & Funke (CC-BY-NC 4.0)
Jugendbeteiligung ist mit vielen Herausforderungen verbunden: Es gilt Formate zu schaffen, in denen junge Menschen ernst genommen werden und mit dem, was sie mitbringen, ihren Interessen und Themen wertgeschätzt werden. Dafür müssen sich die Atmosphäre und Methoden an den jungen Menschen orientieren. Es müssen Vertrauen und Räume eröffnet werden, damit der Prozess ihr „Ding“ ist und nicht das Projekt von Erwachsenen.
Es geht darum, junge Menschen miteinander und mit Verantwortlichen aus Politik, Verwaltung und Gesellschaft in den Dialog und in einen Gestaltungsprozess zu bringen – meist mit dem Ziel, politische Prozesse zu beeinflussen. Dafür müssen Ablauf, Vorgehen und Entscheidungen immer transparent gemacht und reflektiert werden. Nur so kann Jugendbeteiligung wirksam werden. Wirksame Jugendbeteiligung ist also keine Methode. Es ist Haltung und Handeln für eine jugendgerechte Gesellschaft und Politik.
Wir kennen viele gute Formate und Methoden für Beteiligung. Es geht darum, die eben erwähnte Haltung auch bei deren Auswahl und Umsetzung mitzudenken. Um wirksame Jugendbeteiligung zu gestalten, lohnt es sich daher, den Ansatz des sogenannten „Art of Hosting and Harvesting Conversation that matter“, kurz „Art of Hosting“ zu nutzen. Auf Deutsch bedeutet das „die Kunst des Gastgebens und Erntens guter Gespräche“. Dabei handelt es sich um einen ganzheitlichen Ansatz – Haltung und Methoden zugleich –, um Menschen besser miteinander in Kontakt zu bringen. Ziel ist es, ergebnisorientierte Gespräche zu führen, die Erfahrungen und Kenntnisse der gesamten Gruppe („kollektive Intelligenz“) nutzen und alle Beteiligten, mit dem was sie sind und mitbringen, ernst zu nehmen und wertzuschätzen.
Das „Art of Hosting“ beinhaltet viele in der Jugendarbeit altbekannte Methoden wie das World Café oder das Kreisgespräch. Neu dabei sind jedoch der ganzheitliche Ansatz und die damit verbundenen Weiterentwicklungen. An dieser Stelle werden die Haltung und das Gesamtvorhaben, die oft nur unkonkret im Hintergrund stehen, ebenso genau beschrieben und mitgedacht wie jede Methode an sich. So betrachtet das „Art of Hosting“ Methoden nicht singulär, sondern immer im Kontext der Teilnehmenden und mit dem Ziel, aus dem Dialog gute Ergebnisse mitnehmen zu können. Durch die Haltung, dass jede*r hier richtig ist, um ein Thema weiterzuentwickeln oder das Problem zu lösen, werden partizipative und kreative Räume für Dialog und Zusammenarbeit geschaffen. So können innovative Ergebnisse entstehen, die von allen mitgetragen werden. Die Veranstalter*innen werden zu Gastgeber*innen und gestalten den Prozess bewusst - von der Vorbereitung über die Durchführung bis hin zur Klärung weiterer Schritte. Sie ermöglichen so ein zielorientiertes, aber ergebnisoffenes Gespräch.
Das „Art of Hosting“ wird weltweit in ganz unterschiedlichen Bereichen angewendet, sei es in Verbänden, der Wirtschaft oder im öffentlichen Dienst. In Österreich wurde es unter anderem erfolgreich im Strukturierten Dialog eingesetzt. Aufgrund der internationalen Verbreitung und den vielfältigen Einsatzbereichen sind viele Begrifflichkeiten auf Englisch oder im „Management-Sprech“, was für Akteure aus der Jugendarbeit ungewohnt klingen mag. Deshalb haben wir uns bemüht, weitgehend deutsche Begriffe zu finden und immer wieder den Bezug zur Jugendarbeit herzustellen. Vieles wird euch aber auch bekannt vorkommen und hoffentlich doch hier und da immer wieder mit dem Aha-Effekt ein neues Licht auf Methoden, Herangehensweise und Dialoge werfen.
Die Broschüre ist auf Grundlage eines Handouts für das zweitägige Training „Dialogkultur stärken – Jugendbeteiligung voranbringen“ entstanden, das im Rahmen der Werkstatt Mit Wirkung des Deutschen Bundesjugendrings im Oktober 2018 stattfand. Die konkrete Auswahl der Texte und Methoden nahmen die beiden Trainer*innen der Veranstaltung vor, Elisabeth Hanzl (Prozessbegleiterin im Strukturierten Dialog in Österreich, facilitation.at KG) und Martin Fulterer (Art of Hosting Practitioner, facilitation.at KG). Sie fußt auf den Erfahrungen, die die Begleiter*innen des Strukturierten Dialogs in Österreich in mehreren bundesweiten Konferenzen gesammelt haben. Mitglieder dieses „Dialogteams“ waren Christina Engel-Unterberger, Georg Feiner, Florian Sturm und Anna Wohlesser.