Jugenddialog

Bericht der Jugendkonferenz in Belgien

Vom 02. bis zum 05. März fand die zweite EU-Jugendkonferenz des 10. Zyklus in Gent, Belgien (2024 die Europäische Jugendhauptstadt) statt. Dieses Mal wurden unsere beiden EU-Jugendvertreter*innen Katja und Thomas auch von Marie aus dem Referat Jugenddialog begleitet. Während es bei der ersten Konferenz in Spanien noch darum ging, grundsätzliche Herausforderungen auszumachen, die junge Menschen in Europa zu bewältigen haben, wurde auf dieser EU-Jugendkonferenz auch über sehr konkrete Maßnahmen gesprochen.

Ein Bericht von den EU-Jugendvertreter*innen Katja und Thomas

Zu Beginn der Jugendkonferenz in Gent sprach Benjamin Dalle, der flämische Jugendminister. Dalle ging auf Krisen wie den Klimawandel, Kriege, Wohnungsmangel und psychische Gesundheitsprobleme ein, die insbesondere junge Menschen betreffen. Besonders Jugendliche mit weniger Chancen haben es schwer.

Um sie zu unterstützen, seien drei Dinge wichtig:

  1. Ein stabiles Regelwerk für Jugendarbeit.
  2. Unterstützung von Dachverbänden der Jugendarbeit.
  3. Eine klare Strategie und Aktionsplan für Kinder und Jugendliche.

Er betonte auch die Wichtigkeit, dass junge Menschen bei der Gestaltung von Maßnahmen mitreden können. Die Ergebnisse der Konferenz in Gent sollen in die Schlussfolgerungen des Rates unter belgischer EU-Ratspräsidentschaft einfließen.

Für die Erarbeitung von Forderungen formte das belgische Präsidentschaftsteam auf Grundlage der Konsultationsergebnissen  von fast 30.000 jungen Menschen sechs Oberthemen, zu denen unterschiedliche Arbeitsgruppen:

  1. Inspirationen von lokalen bis europäischen Initiativen erhielten,
  2. Visionen von Idealwelten in den Bereichen entwickelten,
  3. Fragen und Ideen zu den Visionen der anderen Bereiche einbringen konnten,
  4. Zu jeder Vision je bis zu 6 konkreten Maßnahmenforderungen formulierten,
  5. Visionen und Maßnahmen mit politischen Entscheidungsträger*innen diskutierten und
  6. Am Ende alles finalisierten.

Thomas war in der Arbeitsgruppe „Verändere das System – strukturelle Barrieren hin zu Inklusion“. Katja in der Gruppe „Gesundheit und mentale Gesundheit – eine Mittel für soziale Inklusion“. Sie haben sich stark dafür eingesetzt, bei den offiziellen Forderungen viele Themen auf unterschiedlichen Ebenen anzusprechen. Von allgemeineren Appellen bis zu spezifischen, sehr realistisch umsetzbaren Maßnahmen ist nun alles auffindbar. Bei Thomas‘ Thema wurden z. B. Subventionen für Jugendwohnungen und ein Forschungsauftrag zur Verbesserung der Mobilität junger Menschen in Grenzregionen gefordert. Für Katjas Gruppe war u. a. die Sicherstellung eines Zugangs zu psychologischem Fachpersonal an jeder Schule wichtig (in einigen Ländern gibt es bereits an jeder Schule eine*n Schulpsycholog*in).

Einige, teils hochrangige Entscheidungsträger*innen aus Lokalpolitik bis zur EU-Kommission nahmen an den Arbeitsgruppen teil. Sie hörten aufmerksam zu und mischten sich aber auch in die Gespräche ein.

Dabei war es möglich, die Konsultationsergebnisse aus Deutschland, bei denen sich mehr als 700 junge Menschen beteiligt haben, auch direkt in die Gespräche mit anderen EU-Jugendvertreter*innen, ministeriellen Delegierten und internationalen Jugendorganisationen einzubringen.

Ein besonderes Lob hat Katja dem belgischen Konferenzorganisationsteam ausgesprochen. Man hat wirklich an vielen Details gespürt, dass junge Menschen und Jugendverbände an der Vorbereitung und Durchführung der Konferenz beteiligt hatten. Ein paar Beispiele dafür waren ein Stilleraum zum Rückzug und Beten, QR-Codes für Awarenesspersonen an wichtigen Stellen, vegetarisches Bio Essen und Trinken und Gamification-Ansätze in der Konferenz-App.

Alle Forderungen, auf die sich auf der Konferenz geeinigt wurde, wurden im Anschluss an die Konferenzen schließlich wie versprochen auch in die Schlussfolgerungen des EU-Rats als Anhang aufgenommen. Sie thematisierten die für junge Europäer*innen drängendsten Fragen, wie u. a. erschwingliche Mobilität, Wohnungsnot, die allgemeinen Lebenshaltungskosten, formale und non-formale Bildung und Zugang zum Gesundheitssystem.

Eine Neuheit in Gent war ein Vorstoß der EU-Kommission, die die Jugendvertreter*innen zu einem konkreten politischen Vorhaben befragte und erste Anregungen entgegennahm. Hierbei handelte es sich um das Ziel, innereuropäische Hochschulabschlüsse  an verschiedenen Hochschulen zu vereinfachen und so einer größeren Zahl EU-Bürger*innen zugänglich zu machen.

Insgesamt wurde besonders die Wichtigkeit betont, die konkreten Ergebnisse und den konkreten Einfluss der EU-Jugendkonferenzen transparent darzulegen. Dieses Thema wird auf der nächsten Konferenz in Budapest, Ungarn auch noch relevant werden. Dort sollen dann schließlich die Themen zum Abschluss des 10. Zyklus finalisiert und an die Trio-Präsidentschaft des folgenden Zyklus übergeben werden. Zudem wurde angedeutet, dass es in Ungarn die Gelegenheit gibt, über die zukünftige Struktur des Jugenddialogs zu diskutieren.

Die Forderungen in Stichpunkten

Die Mitgliedstaaten und die europäischen Institutionen sind aufgefordert:

  • Bessere Unterstützung junger Menschen, die von Armut und finanzieller Ausgrenzung betroffen sind, beim Übergang zu finanzieller Unabhängigkeit und Sicherheit zu unterstützen, indem Maßnahmen zur Förderung von erschwinglichem Wohnraum, zur Arbeit und Beschäftigung, die Beseitigung von Mobilitätshindernissen und die Sicherstellung der finanziellen Allgemeinbildung junger Menschen.
    • Durchführung von Forschungsarbeiten zur Verbesserung der Mobilität für junge Menschen in Grenzregionen
    • Bereitstellung von Zuschüssen für Jugendwohnungen durch das Programm „Independent Youth“
    • digitale Befähigung der europäischen Jugend in ländlichen Gebieten und Gebieten in äußerster Randlage
    • das Angebot kostenloser öffentlicher Verkehrsmittel für alle Jugendlichen
    • Nutzung der Leerstandssteuer als finanzieller Anreiz für den sozialen Wohnungsbau für Jugendliche
    • Einführung von Standards für die finanzielle Allgemeinbildung für alle Jugendlichen in der EU
  • Gewährleistung des Zugangs junger Menschen zu erschwinglicher, jugendgerechter und individueller Gesundheitsversorgung und Systemen zur Unterstützung der psychischen Gesundheit. Darüber hinaus sollte ein sicheres und offenes Umfeld geschaffen werden, in dem junge Menschen über Gesundheit und psychisches Wohlbefinden sprechen und lernen können.
    • Sicherstellung des Zugangs zu einem Zugang zu einem Psychologen in jeder Schule
    • Einbeziehung diverser Forschungsgruppen in die Kriterien für Gesundheitsforschungsfonds
    • Unterstützung von Bildung und Initiativen für das psychische Wohlergehen von Jugendlichen
    • Aufnahme von Gesundheit als Diskriminierungsgrund in die Gesetzgebung
    • Einführung eines Schulungsprogramms zum psychischen Wohlbefinden für Pädagog*innen und Jugendarbeiter*innen
  • Aufstockung der Mittel, Aufbau von Kapazitäten und sonstige Unterstützung für Pädagog*innen, damit sie sich für lebenslanges Lernen engagieren können zu folgenden Themen: Einbeziehung benachteiligter junger Menschen; Nutzung der Vielfalt junger Menschen; Schaffung sicherer Räume für den Austausch und das Lernen mit und durch junge Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund sowie jugendzentrierte, personalisierte Lehr- und Lernansätze.
    • Integration der nicht-formalen von NROs geleiteten nicht-formalen Bildung in die formale staatsbürgerliche Bildung
    • Schaffung eines Rechtsrahmens für landesweite und integrative regionale Schüler*innenvertretungen
    • Verbesserung der Antidiskriminierungspraktiken in der beruflichen Aus- und Weiterbildung Initiierung gemeinsamer Bildungsinitiativen mit Schüler*innen unterschiedlicher Herkunft
    • Bereitstellung einer optimierten Finanzierung für Jugendliche mit geringeren Bildungschancen
    • Einführung einer lebensbegleitenden Lehrerfortbildung zum Thema Inklusion
  • Verbesserung der Fähigkeit von Menschen, die mit und für junge Menschen arbeiten, jugendfreundliche Informationen wirksam zu verbreiten, um Informationen über Rechte und Möglichkeiten zugänglich zu machen. Zusätzlich, die Medien- und Informationskompetenz von Jugendlichen zu stärken, damit sie vertrauenswürdige Informationen und sichere Informationsnavigation erkennen.
    • Förderung der Professionalisierung der Jugendarbeit in ganz Europa durch strukturelle Investitionen und Schulungen
    • Sicherstellung des Aufbaus von Kapazitäten und eines kontinuierlichen Dialogs zwischen Jugendarbeiter*innen und Stakeholdern
    • Verbesserung des Zugangs zu Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten auf lokaler Ebene
    • Umsetzung jugendzentrierter Bürgerhaushalte
    • Einrichtung mobiler Jugend Initiativen für mobile Jugendarbeit
    • Formalisierung der Anerkennung von ehrenamtlicher Jugendarbeit
  • Förderung von und Investitionen in Bildung und Jugendarbeit, um: Lernumgebungen für benachteiligte Lernumgebungen für benachteiligte junge Menschen zugänglicher und integrativer zu gestalten; auf die Bedürfnisse junger Menschen einzugehen; die Zusammenarbeit zwischen formaler Bildung, nicht-formaler Bildung und informellem Lernen sowie zwischen anderen Sektoren.
    • Durchführung von Workshops zu Information und kritischem Workshops zum Thema kritisches Denken in Schulen
    • Erkundung zuverlässiger Nachrichtenquellen und Förderung überprüfbarer Informationen
    • Durchführung von Kampagnen für hochwertige Informationen und Medienkompetenz, um die Jugend zu stärken
    • Einrichtung von integrativen Jugendräumen, die systematisch dafür sorgen, dass EU-Informationen für alle zugänglich und inklusiv sind.
  • Einführung von Maßnahmen zum Abbau von systematischer Diskriminierung, unbewusster Vorurteile und feindseligen Haltungen und zur das kontinuierliche Lernen über alle Arten von Vielfalt sowie das Verlernen von Vorurteilen zu fördern. Solche Maßnahmen sollten gemeinsam mit jungen Menschen mit einschlägiger Lebenserfahrung in allen Bereichen ausgearbeitet werden.
    • Aufnahme einer integrativen Sprache in die politischen Dokumente der EU
    • Förderung des kontinuierlichen Lernens, um die Akzeptanz und das Bewusstsein für die Vielfalt zu stärken
    • Verfolgung eines intersektionellen und repräsentativen Ansatzes in allen Strategien
    • Sicherstellung der Gleichberechtigung durch Umsetzung des Jugendtests auf allen Ebenen
    • Bereitstellung von EU-Mitteln für generationenübergreifende Räume in europäischen Kommunen
    • Verhinderung von Vorurteilen durch Akzeptanz von Minderheitengruppen und Förderung der Selbstreflexion durch Bildung
Themen: Jugenddialog