Die junge Zivilgesellschaft Georgiens als Teil Europas nicht vergessen
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Seit der Einführung des umstrittenen „Agentengesetzes“ in Georgien im Mai 2024 müssen sich Organisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer Finanzierung aus dem Ausland beziehen, als Institutionen registrieren, die die „Interessen ausländischer Mächte verfolgen“. Mit diesem Gesetz ist der Druck auf zivilgesellschaftliche Organisationen stark gestiegen. Im Vorfeld riefen Akteure der Zivilgesellschaft immer wieder zu Massenprotesten auf, bei denen junge Menschen eine zentrale Rolle spielten. Auch der nationale Jugendring Georgiens NCYOG hatte das Gesetzesvorhaben wiederholt kritisiert und sich gemeinsam mit mehr als 200 Organisationen öffentlich gegen den Entwurf positioniert. Die Proteste waren geprägt von pro-EU-Botschaften und einer Vielzahl europäischer Flaggen, was die Ausrichtung der georgischen Zivilgesellschaft, insbesondere der jungen Generation, nach Europa verdeutlicht. Die Regierung setzte den Vorschlag trotz der Einwände der von ihr als „fehlgeleitet“ bezeichneten Jugend um. Demonstrationen wurden gewaltsam von Polizeikräften unterdrückt, es kam zu unrechtmäßigen Festnahmen. Gleichzeitig häufen sich Berichte über Einschüchterungen und Sanktionen gegen Bürger*innen und Studierende, die sich an Protesten und Streiks beteiligten. Diese Entwicklung gefährdet die zivilgesellschaftlichen Freiräume erheblich und untergräbt grundlegende Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte.
Das „Agentengesetz“ basiert auf russischer Gesetzgebung. Ähnliche Regelungen wurden bereits in Ländern wie Aserbaidschan, Ungarn oder der Slowakei diskutiert oder umgesetzt. Auch die türkische Regierung kündigte ein vergleichbares Gesetz ein, was den besorgniserregenden Trend repressiver Gesetzgebung gegen die Zivilgesellschaft weiter verstärkt.
Seit den Parlamentswahlen in Georgien am 26. Oktober 2024 protestiert die Zivilgesellschaft immer wieder gegen die Ergebnisse der Wahl, nach denen sich die pro-russische Partei „Georgischer Traum“ zum Sieger erklärte. Oppositionsparteien werfen der Regierung Wahlbetrug vor. Internationale Wahlbeobachter*innen des Europarats hatten von Zwischenfällen bei mehreren Wahllokalen wie doppelte Stimmabgabe und Stimmenkauf berichtet.
Die Entscheidung der georgischen Regierung, den EU-Beitrittsprozess bis 2028 auszusetzen, führte zu massiven Protesten. Um die überwiegend friedlichen Demonstrationen zu beenden, setzten Polizeikräfte wiederholt Tränengas und Wasserwerfer gegen die Zivilgesellschaft ein. Es kam zu Durchsuchungen von Bürogebäuden oppositioneller Bewegungen und Wohnungen von Aktivist*innen. Auch die Geschäftsstelle der Jugendorganisation der Oppositionspartei „Vereinte Nationale Bewegung“ (UNM) wurden durchsucht.
Wir stehen an der Seite der pro-europäischen jungen Zivilgesellschaft in Georgien, die sich trotz Repressionen für Demokratie und Menschenrechte einsetzt.
Özge Erdoğan, stellv. Vorsitzende des Bundesjugendrings: „Gemeinsam mit dem Europäischen Jugendforum verurteilen wir die Versuche der georgischen Regierung, den zivilgesellschaftlichen Raum zu beschneiden und demokratische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Der Europarat ist nun gefordert, entschieden gegen diesen offensichtlichen demokratischen Rückschritt in seinem Mitgliedsstaat Georgien vorzugehen, der den Grundwerten des Europarats direkt widerspricht.“