Medien- und Digitalpolitik

​Eingriff ins digitale Briefgeheimnis

Im Namen der Sicherheit machen die Innenminister der EU-Mitgliedsstaaten die digitale Kommunikation unsicher. Sie haben die heftig umstrittenen Schlussfolgerungen zu „Sicherheit durch Verschlüsselung und Sicherheit trotz Verschlüsselung“ des Rats ohne weitere Aussprache angenommen.

Der finale Entwurf stammt aus dem Bundesinnenministerium und kommt zum Ende der deutschen Ratspräsidentschaft. Wirtschaft, Wissenschaft und die Zivilgesellschaft kritisieren die Schlussfolgerung. Im ersten Satz der Schlussfolgerung heißt es zwar, dass die Europäische Union die Entwicklung, Implementierung und Gebrauch starker Verschlüsselung vollkommen unterstützt. Sie unterstreicht sogar, dass Verschlüsselung ein fundamentales Recht der Menschen ist und die digitale Sicherheit von Regierungen, Wirtschaft und Gesellschaft gewährleistet. Unverständlich also, dass zugleich für Sicherheitsbehörden und Geheimdienste Ausnahmen gemacht werden sollen und sie Zugriff auf verschlüsselte Daten erhalten sollen. „Sobald Hintertüren geöffnet werden, nutzen die auch Menschen mit bösen Absichten“, warnt unsere stellvertretende Vorsitzende Daniela Broda.

Im Kampf gegen Terrorismus, organisierte Kriminalität, sexuellen Missbrauch und viele andere Digital-Straftaten müssen Behörden bei der Strafverfolgung im digitalen Raum handeln können. „Das darf aber nicht zu Lasten der Datensouveränität und des Datenschutzes gehen“, sagt Daniela Broda. Eine umfangreiche Auswertung von Kommunikationsdiensten mit Hilfe von Sicherheitsschwachstellen ist deswegen der falsche Weg. Viele junge Menschen nutzen Messengerdienste für ihre Kommunikation und dürfen bei einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wie alle anderen Verbraucher*innen erwarten, dass ihr Datenaustausch vertraulich bleibt. „Staatstrojaner“ oder andere Deskriptions-Werkzeuge zerstören nicht nur dieses Vertrauen, sie machen die Werkzeuge auch insgesamt unsicher - nicht nur für Bürger*innen, sondern auch für die staatliche Kommunikation.

„Freie Gesellschaften brauchen für die politische und demokratische Willensbildung vertrauliche Kommunikationsmöglichkeiten“, sagt Daniela Broda: „Das Postgeheimnis stellt auch niemand in Frage“. Entschlüsselung in den Händen demokratisch gewählter aber zunehmend autoritär agierender Regierungen können eine Gefahr für die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft sein. Sollte das Konzept von „Sicherheit durch Verschlüsselung und Sicherheit trotz Verschlüsselung“ dennoch Gesetz werden, braucht es zwingend verbindliche Regeln für den Fall, dass etwas schief läuft.

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