Fachtag „Die Rolle und Bedeutung der Jugendarbeit bei der Ausgestaltung des Ganztags“
Der Fachtag war auch auf Anregung des Bundesjugendrings zustande gekommen und bot erstmals Raum für die vielen, sehr unterschiedlichen Fragen, die mit dem Thema verbunden sind. Dementsprechend war das Interesse groß. Unter den Teilnehmenden waren Vertreter*innen aus verschiedenen Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendarbeit, darunter viele aus Jugendverbänden und -ringen sowie aus Schule und Verwaltung.
Bundesministerin Karin Prien machte in ihrer Eröffnung deutlich, dass es Auftrag von Bildung sei, junge Menschen zu befähigen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und als Teil einer demokratischen Gesellschaft diese mitzugestalten. Bildung sei daher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Daniela Broda knüpfte in ihrer Kommentierung daran an und führte aus: „Kinder und Jugendliche wollen nicht nur Schülerinnen sein, sondern sind Kinder und Jugendliche. Ihre unterschiedlichen Lebenslagen sind anzuerkennen – Themen wie Diversität und soziale Ungleichheiten müssen in den Fokus rücken, um Chancengleichheiten zu ermöglichen. Insofern ist beim Ganztagsausbau vom Kind aus zu denken. Der neue Ressortzuschnitt im BMFSFJ ist dazu eine Chance.“ Broda mahnte aber auch: „Der Ganztag muss mehr sein als ‚nur‘ Betreuung und mehr als nur Unterricht. Und wir sollten nicht vergessen, dass Ganztag auch nicht alles im Leben junger Menschen ist: Sie brauchen genauso Zeit für ihre Interessen, Freundinnen sowie das Recht, einfach mal nichts zu tun.“
Für die Ferienzeiten bedeutet der Rechtsanspruch: Der öffentliche Träger hat im Rahmen seiner Gesamtverantwortung ausreichend Angebote bereitzustellen, um den Anspruch erfüllen zu können – auch in den Ferien. Er hat aber nach wie vor die Verpflichtung, allen jungen Menschen die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen, wie es in § 11 SGB VIII normiert ist.
Wenn es von den Trägern der Kinder- und Jugendarbeit leistbar, gewollt und im Interesse der Kinder ist, sollten deren Angebote in den Ferien auch für Bildung und Betreuung im Rahmen des Rechtsanspruchs nutzbar gemacht werden. Gegebenenfalls müssen diese Angebote quantitativ ausgebaut werden, um auch für diejenigen Plätze zu schaffen, die bisher nicht partizipieren konnten, dies aber möchten. In diesem Fall könnten die im (ganztags-)schulischen Kontext vorgehaltenen Angebote in den Ferienfreizeiten entsprechend reduziert werden. Dafür müssten jedoch alle Angebote – ob im Rahmen des Ganztags oder der Kinder- und Jugendarbeit – allen Kindern und ihren Erziehungsberechtigten bekannt und zugänglich sein.
Dies erfordere – so Daniela Broda – eine Jugendförderplanung auch dort, wo es sie bislang nicht gibt, und eine Planung, die den Ganztagsbereich mit einbezieht. Im Interesse der Kinder brauchen wir Offenheit und Bereitschaft aller, voneinander zu lernen und gute Erfahrungen zu nutzen. Das konnten wir bei diesem Fachtag bereits erleben. Notwendig ist aber auch die Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen, wie sie durch die Jugend- und Familienkonferenz der Länder, den Bundesrat und im Koalitionsvertrag eingefordert werden“, betonte Broda.
Aus Sicht des Bundesjugendrings war der Fachtag ein gelungener Auftakt für die weitere Ausgestaltung. Ganz aktuell beschloss der Bundesrat, einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag einzubringen, der den Rechtsanspruch so erweitert, dass auch niedrigschwellige Ferienangebote der Jugendarbeit den Anspruch auf Ganztagsbetreuung erfüllen. Die Länder verweisen dabei auf die zahlreichen, bewährten und vor Ort sehr nachgefragten Angebote der Jugendarbeit in den Ferien.
Im Interesse der Kinder und Jugendlichen sowie seiner Mitgliedsorganisationen wird sich der Bundesjugendring auch weiterhin gestaltend in die Debatten einbringen.