Jugendhilfeausschüsse unter Druck

Wie ist es um die Landschaft der Jugendhilfeausschüsse bestellt? Welche Auswirkungen haben rechtspopulistischen Parteien und Positionen auf die Arbeit der Ausschüsse? In unserem Fachforum beim Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag wurden aktuelle Entwicklungen und Tendenzen diskutiert.

Jugendhilfeausschüsse sind in Deutschland das wichtigste Fach-, Entscheidungs- und Mitbestimmungsgremium der kommunalen Jugendhilfe. Mit ihrer besonderen Struktur stehen sie dafür, dass die Interessen und das Wohl von Kindern und Jugendlichen mit dem gemeinsamen Blick durch die freien und öffentlichen Träger gestärkt werden.

Bei der Veranstaltung wurde der Blick auf die aktuelle Ausschusslandschaft in Deutschland gerichtet. Auf dem virtuellen Podium waren Frederik Boog, Bildungsreferent beim Stadtjugendring Wolfsburg und Mitglied im Jugendhilfeausschuss Wolfsburg, Moritz Schwerthelm, Erziehungswissenschaftler an der Uni Hamburg, sowie Denny Möller, Sprecher für Soziales, Kinder und Jugend der thüringischen Landtagsfraktion der SPD vertreten.

Diskutiert wurde die partnerschaftliche Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure in Jugendhilfeausschüssen. Verwaltung, Mandatsträger und freie Träger stehen hier vor Herausforderungen. Für eine erfolgreiche Gremienarbeit müssen sich alle Akteure ihrer Rolle bewusst werden und sich entsprechend fachlich darauf vorbereiten. Gemeinsame Weiterbildungen können hilfreich sein, um die Arbeitsgemeinschaft zu stärken.

Im besonderen Fokus stand die Frage, welche Auswirkungen das zunehmende Auftreten von rechtspopulistischen Parteien und Positionen auf die Arbeit der Jugendhilfeausschüsse hat. Die geteilte Erkenntnis der Expert*innen: Bisher treten AfD und Co. Kaum auf fachlicher Ebene in Erscheinung. Vielmehr versuchen sie sich in plumpen Angriffen auf die Jugendarbeit, etwa indem sie die Förderfähigkeit von Akteuren in Frage stellen oder echte Jugendbeteiligung verhindern. Zudem wird oft das Scheinargument angeführt, Jugendhilfe müsse „politisch neutral“ sein. Dass diese Akteure aber nicht, wie behauptet, dem staatlichen Neutralitätsgebot unterliegen, sondern durchaus demokratische Haltung zeigen dürfen und müssen, bestätigte erst jüngst der Kinder- und Jugendbericht.

Moritz Schwerthelm von der erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Uni Hamburg beschrieb in einem Kurzinput die Rolle von Jugendhilfeausschüssen bei politischen Interventionen in der Kinder-und Jugendarbeit. Er stellte eine Studie zu Mustern politischer Interventionen und gesellschaftlichen Diskursverschiebungen vor. Aktuelle Tendenzen wie die benannten Angriffe der AfD stellen den Kern einer demokratischen Kinder- und Jugendarbeit in Frage. Er konstatierte: Politische Interventionen sind nicht immer erfolgreich, aber dennoch folgenreich.

Entgegenstellen können sich Jugendhilfeausschüsse, indem sie Arbeitsbeziehungen zwischen Fachpraxis, Entscheidungsträgern und Behörden für eine demokratische Jugendhilfe aufbauen und sich für diese einsetzen. Außerdem sollten Jugendhilfeausschüsse sich deutlich gegen Negativ-Etikettierungen und Neutralitätseinforderungen wehren und gegenüber Betroffenen unterstützend und entschieden auftreten.

Darüber hinaus wurde die besondere Rolle der Jugendarbeit in Jugendhilfeausschüssen und in der Jugendhilfeplanung beleuchtet. Im Vergleich zu Hilfen zur Erziehung (Hze), Kita und anderen Themen nimmt die Jugendarbeit dort eher eine Randposition ein. Dass Jugend(verbands)arbeit aber gemäß gesetzlichem Auftrag zu fördern ist, steht außer Frage – es muss nur immer wieder ins Bewusstsein gerufen werden.

Die Präsentation von Moritz Schwerthelm kann hier abgerufen werden.