Medien- und Digitalpolitik

Öffentlich-rechtlichen Rundfunk erhalten und Gremien stärken

Das Fehlverhalten verantwortlicher Personen in der Leitungsebene des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) hat eine Debatte über die Berechtigung des öffentlich-rechtlichen Systems und dessen Aufsichtsgremien ausgelöst. Der Bundesjugendring mahnt im Interesse junger Menschen zu mehr Sachlichkeit und Weitsicht. ARD, ZDF und Deutschlandradio und deren Gremien müssen gestärkt werden.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist durch seine Finanzierung aus Beiträgen eine wichtige Säule für eine starke Demokratie und eine vielfältige Gesellschaft. Er gehört der Gesellschaft und nicht Unternehmen mit Profit-Absichten. Sein Auftrag und seine Ausstattung werden durch die Parlamente der 16 Bundesländer in Staatsverträgen gemeinsam festgelegt. Damit haben die Parlamente und die Parteien großen Einfluss auf die Zusammensetzung der Gremien. Und in der Realität auch in den Aufsichtsgremien. Vertreter*innen der Zivilgesellschaft berichten, dass Abstimmungen und Debatten meist in „parteinahen Zirkeln“ vorbereitet werden. Es sei schwer bis unmöglich, unabhängige Interessengruppen gegen politische Interessengruppen zu organisieren. „Politiker*innen werfen Nebelkerzen, wenn sie Gremien abschaffen wollen, die sie seit Jahren dominieren und reformieren könnten“, sagt Raoul Taschinski, stellvertretender Vorsitzender des Bundesjugendrings. Er fordert: „Sinnvoll ist, die Vertretungen der Zivilgesellschaft in den Gremien zu stärken, sehr lange Amtszeiten zu verhindern und die Transparenz zu erhöhen“. Rundfunkräte seien die bereits geforderten Bürger*innenräte, sie bilden durch die zivilgesellschaftlichen Organisationen eine große Vielfalt ab. Mitglieder der Räte müssen sich während ihres Mandats tief und schnell in komplexe rechtliche, technische und strukturelle Fragen der Sender einarbeiten, um ihre Aufgabe zu erfüllen: den öffentlichen Auftrag kontrollieren. Geloste Mitglieder, die regelmäßig neu zusammengesetzt werden, würden aus Sicht des Bundesjugendrings ihren Kontrollauftrag deutlich weniger erfüllen können. Das Ablösen des bestehenden Gremiensystems führt deswegen zu weniger Aufsicht.

Sinnvoll kann sein, mehr aus den Gremien zu berichten. Bisher muss der Link zu den Gremien in den Footern der Internetauftritte gesucht werden. Dort finden ausdauernde Menschen Sitzungsprotokolle, die wenig verständlichen Informationsgehalt haben. „Der Bundestag und die Landesparlamente zeigen, dass Berichte aus den Gremien und Entwicklungen im Rundfunk verständlich aufbereitet werden können“, sagt Raoul Taschinski. Das Knowhow sei in den Sendern vorhanden. Medienmagazine im Fernsehen und Hörfunk sowie an sichtbaren Stellen in den Medientheken können die Transparenz ebenfalls erhöhen. Viele Redaktionen des rbb haben gezeigt, dass eine unabhängige Berichterstattung über den eigenen Sender funktioniert. Und auch mehr wirksame Beteiligungsprozesse von Zuschauer*innen durch die Rundfunk- und Fernsehräte sei denkbar.

Eine Abschaffung des beitragsfinanzierten Rundfunks lehnt der Bundesjugendring ab – im Interesse der Jugend. Kinder und Jugendliche haben laut UN-Kinderrechtskonvention das Recht auf freien Zugang zur Information und zur freien Meinung. Für junge Menschen ist deswegen wichtig, eine möglichst große Vielfalt an Medienangeboten zu sichern. Sie brauchen Zugang zu möglichst vielen zuverlässigen Informationsquellen und zu jeweils für sie passenden Angeboten. Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt dabei eine besondere Aufgabe zu. Er ist – gerade wegen seiner Beitrag-Finanzierung – verpflichtet, unabhängig und umfassend zu informieren. Das betrifft auch die Internetpräsenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ein öffentlich-rechtliches Angebot sollte jederzeit, an jedem Ort und über jedes Endgerät zu erreichen sein. Denn vor allem Jugendliche und junge Menschen nutzen digitale Angebote, die sie zeit- und ortsunabhängig abrufen können.

Themen: Medien- und Digitalpolitik