Diskriminierung von Kindern aus Regenbogenfamilien abschaffen
Als Kinder- und Jugendverbände sowie Jugendringe setzen wir uns selbstverständlich für das Wohl jedes Kindes ein. Kindern, die in Regenbogenfamilien geboren werden, wird durch die Notwendigkeit einer Stiefkindadoption ein Elternteil mit all seinen Rechten und vor allem Pflichten vorenthalten. Das heißt konkret: Bei ihrer Geburt haben diese Kinder nur ein rechtliches Elternteil, nämlich. Wer sie geboren hat. Sollte dieser Person bei oder nach der Geburt etwas zustoßen, fällt das Sorgerecht automatisch an das zuständige Jugendamt – obwohl es ein weiteres Elternteil gibt.
Derzeit ist neben einer langwierigen und teuren Klage vor Gericht die Stiefkindadoption die einzige Möglichkeit, dass das Kind zwei Elternteile mit gleichen Rechten und Pflichten bekommt. Doch diese Kinder sind keine Stiefkinder! Zudem dauern diese Verfahren mehrere Jahre, in denen die Kinder wiederum nur ein Elternteil haben. Das heißt: Neben der bereits oben genannten Unsicherheit, wenn dem ersten Elternteil etwas zustößt, dasrf zum Beispiel nur der rechtliche Elternteil mit dem Kind zum*zur Ärzt*in, es in der Kita anmelden oder abholen. Der rechtlich nicht anerkannte Elternteil benötigt dazu eine Vollmacht. Das ist für uns nicht hinnehmbar, denn es verstößt unserer Ansicht nach gegen das Grundgesetz – gegen den „Antidiskriminierungsparagraphen“ Artikel 3 Grundgesetz und gegen den staatlichen Schutz von Familien gemäß Artikel 6 Grundgesetz. Im letztgenannten werden unehelichen Kindern die gleichen Rechte eingeräumt wie ehelichen Kindern.
Kindern, die in Regenbogenfamilien geboren werden, werden diese Rechte bisher verwehrt. Auch diese Kinder sollten zwei Elternteile haben können, die – auch im rechtlichen Sinne – für das Kind sorgen, es lieben und es in jeglicher Hinsicht unterstützen können. Wir fordern die gleichen Rechte für alle Kinder – auch für Kinder aus Regenbogenfamilien. Und deswegen fordern wir eine Änderung des Abstammungsrechts:
-
Gleichstellung aller Elternteile, die in einer Ehe leben, unabhängig vom biologischen und sozialen Geschlecht sowie der sexuellen Orientierung, unter Anwendung aller Regeln, die derzeit für eine Ehe aus Cis[1]-Mann und Cis-Frau gelten. Das heißt: Wird ein Kind in eine Familie hineingeboren, sind automatisch beide Ehepartner*innen Elternteile dieses Kindes.
-
Die Möglichkeit, dass der Elternteil, der das Kind gebärt, seine*n Partner*in unabhängig vom Geschlecht und davon, ob die beiden verheiratet sind oder nicht, als zweiten Elternteil eintragen lassen kann. Also auch hier eine Angleichung an die Regelungen für unverheiratete Paare aus Cis-Mann und Cis-Frau, die damit sicherstellen können, dass das Kind ein zweites vollwertiges Elternteil hat.
-
Ersetzen der Begriffe „Mutter und Vater“ im Bürgerlichen Gesetzbuch durch „Elternteil 1 und Elternteil 2“ oder eine vergleichbare Formulierung, die Elternschaft unabhängig vom biologischen oder sozialen Geschlecht macht. Dies stellt sicher, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht eine Elternrolle übernehmen können. Das ist derzeit für Menschen mit dem Geschlechtseintrag „divers“ nicht der Fall, was eine eindeutige Diskriminierung darstellt.
Wir stellen uns mit dieser Position solidarisch auf die Seite von Initiativen wie #nodoption, die sich dafür stark machen, das Abstammungsrecht so zu ändern, dass Kinder aus Regenbogenfamilien die gleichen Rechte haben wie alle anderen Kinder auch. Unter Regenbogenfamilie verstehen wir Familien, in denen mindestens ein Elternteil nicht cisgeschlechtlich lebt oder heterosexuell liebt, für die also die Formel „Vater, Mutter, Kind“ im Allgemeinen zu kurz greift.
Mit 67 Ja-Stimmen und 1 Enthaltung beschlossen in der Vollversammlung am 11.09.2021.
***
[1] Das lateinische Präfix "cis-" (auf dieser Seite, diesseits, binnen, innerhalb) bildet das Antonym also Gegenteil von trans- (über-, hinüber-, durch-, hindurch-). "Cis" und Begriffe wie "cisgender", wurden von der trans*-Bewegung eingeführt, um trans* nicht immer als die Abweichung von der Norm zu definieren.
https://www.bpb.de/gesellschaft/gender/geschlechtliche-vielfalt-trans/245426/lsbtiq-lexikon?p=7