Einschätzung zu Eigenständiger Jugendpolitik
Eine neue eigenständige Jugendpolitik in Deutschland ist notwendig. Deutlich wird dies zum einen durch die unzureichende Fokussierung von Politik auf die Jugendphase, zum anderen dadurch, dass dort, wo Politik und Gesellschaft auf die Jugendphase einwirken, dies unkoordiniert und ohne stimmiges Gesamtkonzept erfolgt. Eine gute und eigenständige Jugendpolitik könnte politisches Agieren im Bezug auf das Leben junger Menschen stimmiger, bedarfsgerechter und kohärenter machen. Sie wurde in den letzten Jahren von verschiedenen Akteuren immer wieder eingefordert. Eindrücklich hat das Papier des Bundesjugendkuratoriums „Zur Neupositionierung von Jugendpolitik“1 die Notwendigkeit und Bedeutung von Jugendpolitik in die fachöffentliche Debatte getragen. Die Regierungskoalition hat die Notwendigkeit der Befassung erkannt und die Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.
Der Deutsche Bundesjugendring (DBJR) hat schon lange vorher deutlich eine stärkere Befassung mit Jugendpolitik eingefordert. Die Fokussierung auf den frühkindlichen Bereich und die gleichzeitige Vernachlässigung der Jugendphase kann so nicht bestehen bleiben. Der Deutsche Bundesjugendring hat außerdem stets betont, dass eine neue Jugendpolitik die veränderten Lebenssituationen junger Menschen in den Blick nehmen und adäquate Antworten geben muss. Dies wird unter anderem im Papier „Selbstbestimmt und nicht verzweckt“ deutlich.
Der DBJR versteht unter Jugend eine Phase von vielen Übergängen, wie vom Kind zum/zur Erwachsenen, von Abhängigkeit zur Autonomie, von Erziehung zum selbstbestimmten Leben, die je nach individueller Lebenssituation länger oder auch kürzer sein kann und keine feste, allgemeingültige Alterspanne umfasst. Um die Jugendphase trotzdem greifbar und operationalisierbar zu machen, empfiehlt der DBJR analog zum SGB VIII und dem Papier des BJK zur Jugendpolitik, schwerpunktmäßig junge Menschen zwischen 12 und 27 als die Gruppe in den Blick zu nehmen, an der sich Jugendpolitik ausrichten soll. Engere Abgrenzungen wie „unter 18-Jährige“ oder völlig willkürliche Alterspannen hält der DBJR für nicht hilfreich in der Diskussion.
Jugendpolitik und jugendpolitische Forderungen gingen in der Vergangenheit oft von gegensätzlichen Verständnissen von Jugendpolitik aus, die der Entwicklung einer eigenständigen und kohärenten Jugendpolitik im Weg standen. So wurde Jugendpolitik entweder als Ressortpolitik verstanden. Dies hat zur Folge, dass sich Jugendpolitik schwerpunktmäßig auf die eingeschränkten Themenfelder des BMFSFJ konzentriert hat bzw. als reine Jugendhilfepolitik, die sich ausschließlich mit Leistung des SGB VIII beschäftigt, verstanden wurde. Eine Befassung mit allen jugendrelevanten Fragen und konzertierte Entscheidung bei jugendrelevanten Fragen anderer Ressorts, wie beispielsweise der Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik, findet so nicht statt. Oder Jugendpolitik wurde als Querschnittspolitik verstanden, die überall mitgedacht werden sollte. Dies führt dazu, dass Jugend oft nicht im notwendigen Fokus steht und als mitzubearbeitendes Thema angesehen wird. Gestaltendes Element und Impulsgeberin ist Jugendpolitik als Querschnittspolitik nicht.
Ansätze, die den Zwiespalt zwischen Ressort- und Querschnittspolitik zu überwinden versuchten, gab es bislang nur wenige. Diese waren entweder durch ein hohes Abstraktionsniveau geprägt, das keine Operationalisierung zuließ, oder die Ansätze und Ideen waren so fokussiert und konkret, dass sie zwar wertvolle Impulse waren, aber immer so eng geführt, dass sich daraus kein Gesamtkonzept von Jugendpolitik entwickeln konnte. Oft waren jugendpolitische Impulse und Vorgehen spontan oder sehr sprunghaft und ließen weder Raum und ausreichend Zeit für eine nachhaltige Etablierung von jugendpolitischen Zielen.
Der DBJR erhofft sich deshalb unter dem Stichwort „eigenständige Jugendpolitik“ einen Ansatz, der wirkungsvoller ist. Dazu ist eine verbindliche Verständigung über diese Jugendpolitik mit den zentralen Akteuren notwendig.
Ziel ist, eine Jugendpolitik zu entwickeln, die ressortübergreifend und über die föderalen Ebenen hinweg wirkungsvoll ist und Konsequenzen für ein besseres Aufwachsen junger Menschen entfaltet.
Themenfelder und Handlungsbedarfe
Da der DBJR den Begriff der Jugendpolitik sehr umfassend interpretiert, gilt dies auch analog für die anzugehenden Themenfelder und Handlungsbedarfe. Deshalb erscheint es sinnvoll, zunächst diese in drei verschiedene Kategorien zu unterteilen:
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Bild und Rolle der Jugend in der Gesellschaft
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Themen, die für Jugendliche wichtig sind bzw. die Einfluss auf ihre Lebenswelt haben
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Strukturen von/für Jugend.
Die drei Bereiche sind gleichermaßen wichtig und müssen alle Teil einer eigenständigen Jugendpolitik sein. Sie werden hier getrennt, weil die notwendigen Maßnahmen und Instrumente, die die Akteure von Jugendpolitik zur Bewältigung des Handlungsbedarfes ansetzen müssen sowie z.T. die Akteure selbst, gänzlich unterschiedlich sind.
Bild und Rolle der Jugend in der Gesellschaft
Das in Politik, Gesellschaft und vor allem den Medien dominierende Jugendbild eignet sich nicht für die Entwicklung einer guten Jugendpolitik. In den wenigsten Fällen wird ein Blick auf die Gesamtheit der Jugendlichen geworfen. Der größte Teil der in Deutschland lebenden Jugendlichen wird mit ihren Potenzialen wie Problemen und Fragestellungen nicht wahrgenommen und ihre Anliegen deshalb politisch nicht bearbeitet. Die Fokussierung der Aufmerksamkeit liegt einerseits auf negativen Extremen, die zum Teil stark überzeichnet werden, wie Jugendgewalt, Sucht- und Rauschmittelkonsum, Kriminalität u.ä. Andererseits gibt es einen Blick auf Jugend, der das Bild einer Elite zeichnet, die bestens ausgebildet, hoch motiviert und ehrgeizig, flexibel und mobil dem Arbeitsmarkt und anderen Funktionen zur Verfügung steht. Der fehlende Blick auf den absolut überwiegenden Teil der jungen Menschen, der sich zwischen diesen Extremen befindet, führt zur politischen Fehleinschätzung und damit zu Fehlentscheidungen und falschen Schwerpunktsetzungen.
Deshalb ist aus Sicht des DBJR die Voraussetzung für eine eigenständige Jugendpolitik, das vorherrschende Bild und die mutmaßliche Rolle von Jugend in der Gesellschaft kritisch zu hinterfragen. Ausgehend davon hat Jugendpolitik die Aufgabe, das Bild von Jugend zu korrigieren und so eine notwendige und bedarfsgerechte Politikgestaltung zu initiieren.
Die Zielgruppe einer eigenständigen Jugendpolitik müssen alle Jugendlichen sein. Der Fokus muss aber auf den „normalen“ Jugendlichen liegen und deren Probleme, Potenziale und Herausforderungen müssen in den Blick genommen werden. Jugendpolitik darf sich nicht mehr auf den kleinen Teil der besonders Benachteiligten oder den noch kleineren Teil der besonders Privilegierten konzentrieren, sondern muss den Anspruch haben, eine Jugendpolitik für die ganze Breite der Jugend zu sein.
Es gilt außerdem, die Rolle in den Blick zu nehmen, die Jugend in der Gesellschaft einnimmt. Diese Rolle ist geprägt durch die Erwartungen der (erwachsenen) Gesellschaft einerseits und das Selbstverständnis der Jugendlichen andererseits. Jugendpolitik kann sich hier als Plattform für die notwendigen Aushandlungsprozesse verstehen und damit zum Dialog zwischen Jugend und Gesellschaft konstruktiv beitragen. Dabei ist wesentlich, dass junge Menschen von der Gesellschaft als sich selbstständig entwickelnde und aktiv gestaltende Subjekte wahrgenommen werden.
Jugendpolitik muss in diesem Sinne (anwaltschaftlich) den vorherrschenden Verwertungslogiken entgegentreten und das selbstbestimmte Aufwachsen junger Menschen fördern. Der DBJR hat dazu in seinem Papier „Selbstbestimmt und nicht verzweckt“ beschrieben, wie er sich gutes Aufwachsen in der Jugendphase vorstellt. 2 Für eine eigenständige Jugendpolitik muss eine Verständigung über die Jugendphase herbeigeführt werden. Das Ergebnis dieses Prozesses muss dann Leitgedanke einer eigenständigen Jugendpolitik sein. Gesellschaftliche Mehrwerte, v.a. der häufig im Vordergrund stehende Mehrwert der Beschäftigungsfähigkeit im Interesse der Wirtschaft oder zur Bekämpfung eines Fachkräftemangels, dürfen nicht der zentrale Anker von Jugendpolitik sein. Ihr Interesse muss in der Unterstützung von Erziehung und Entwicklung zu eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Menschen liegen.
Dazu ist es wichtig, dass jungen Menschen Freiräume eröffnet werden, die sie selbst gestalten und sich aneignen können. Jugendpolitik muss sich gegen eine Verregelung von Jugend wehren sowie Freiräume öffnen und ermöglichen. In seinen Konzepten beschreibt der DBJR dabei Freiräume als lokale, zeitliche, ökonomische, partizipative und andere Freiräume. Jugendpolitik muss damit Selbstbestimmung ermöglichen. 3
Themen, die für Jugendliche wichtig sind bzw. die Einfluss auf ihre Lebenswelt haben
Eine gute und eigenständige Jugendpolitik ist nötig, um politisches Agieren in Bezug auf das Leben junger Menschen stimmiger, bedarfsgerechter und kohärenter zu machen. Damit junge Menschen nicht unter den schlecht organisierten Rahmenbedingungen der Jugendphase leiden, ist eine Jugendpolitik aus einem Guss notwendig. Dies gilt natürlich für alle Bereiche, die junge Menschen betreffen wie z.B. Jugendhilfe-, Bildungs-, Arbeitsmarkt-, Verteidigungs-, Migrations-, Gesundheitspolitik oder weitere Politikfelder. Alle Ansätze, die das Leben und die Perspektiven junger Menschen intendiert oder als nichtintendierte Nebenwirkungen gestalten und beeinflussen, müssen von einer Jugendpolitik erfasst werden.
Wichtig und essentiell ist hierbei, dass Jugendpolitik und die Akteure der Jugendpolitik sich in ihrem Selbstverständnis bei allen Themen als anwaltschaftliche Vertreter/-innen der Interessen der Jugendlichen verstehen. Es darf hier nicht darum gehen, andere Interessen in Richtung der Jugend zu vermitteln, sondern Jugendpolitik als Interessenvertretungspolitik für junge Menschen zu begreifen.
Thematisch muss sich Jugendpolitik damit sehr breit aufstellen und Themen bearbeiten, die für junge Menschen und ihre Lebenswelt Bedeutung haben bzw. für sie in ihrer Zukunft von Bedeutung sein werden. Einen großen und zentralen Bereich nimmt dabei natürlich die Bildung ein. Eine eigenständige Jugendpolitik muss die Diskussion um formale Bildung und Schule beenden und eine Bildungsdebatte einleiten, die die Jugendlichen mit ihren Bedarfen und Interessen in den Mittelpunkt stellt. Weitere Themen sind in jedem Fall beispielsweise Nachhaltigkeit, öffentliche Räume, Zeitressourcen, Beteiligung, internationale Gerechtigkeit und vieles mehr. Diese Liste ist nicht abgeschlossen und kann per se nie abgeschlossen sein. Sie erneuert sich permanent mit veränderten Lebenswelten und Interessenlagen junger Menschen und ist hier auch nur als beispielhaft zu verstehen.
Strukturen von/für Jugend
Eine eigenständige Jugendpolitik muss Gruppen und Gemeinschaften, v.a. aber Selbstorganisationen junger Menschen in den Mittelpunkt rücken. Die Jugendarbeit und die Jugendverbandsarbeit sind die zentralen Orte von Jugendpolitik - sowohl als Strukturen der Interessenvertretung von Jugendlichen, als auch als Ort der Lebensweltgestaltung von jungen Menschen. Trotz gegenteiliger wissenschaftlicher Erkenntnisse wird die Idee der Selbstorganisation irritierenderweise vereinzelt als gestrig betrachtet. Erfolglos wird nach sog. „neuen Formen des Engagements“ gefahndet. Eine eigenständige Jugendpolitik muss Selbstorgansiationen junger Menschen, die sich für sich selbst und andere zusammenschließen, erstnehmen und zweckfrei agieren lassen. In ihnen liegt die Wiege der Demokratie und der Bürger/-innen-Gesellschaft.
Dazu müssen die entsprechenden rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen gesichert werden. Die Ausgaben für Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit gehen kontinuierlich zurück. Selbst dann, wenn andere Jugendhilfeausgaben deutlich ansteigen. Eine eigenständige Jugendpolitik kann nur erfolgreich sein, wenn Jugendarbeit wieder eine bedarfsgerechte und angemessene finanzielle Ausstattung auf allen Ebenen zukommt. Gleichzeitig müssen auch andere Rahmenbedingungen im Sinne junger Menschen geschaffen werden wie Entbürokratisierung des Ehrenamts, freie Zeit und freie Räume. Der DBJR hat dazu in verschiedenen Papieren ausführlich Stellung genommen und macht zurzeit unter dem Claim „Starke Verbände - Starke Jugend“4 erneut aufmerksam.
Beteiligung junger Menschen muss das zentrale Thema einer Jugendpolitik sein. Auch hier sind die von jungen Menschen gewählten Interessenvertreter/-innen ernst zu nehmen und einzubeziehen. Dort, wo eine direkte Beteiligung junger Menschen erfolgsversprechend und sinnvoll ist, sollte sie nach den Kriterien des DBJR umgesetzt werden. Die Jugendhilfeausschüsse müssen hier als zentrale Beteiligungsstrukturen besonders in den Blick genommen und weiterentwickelt werden.
Die europäische Jugendpolitik muss zentraler Teil auch der nationalen Jugendpolitik sein. Gerade die Europäische Jugendstrategie und ihre Umsetzung müssen in eine nationale Jugendpolitik einfließen. Die auch dort besonders betonte Rolle der Jugendverbände und Jugendringe ist auch in diesem Sinne ernstzunehmen.
Instrumente einer eigenständigen Jugendpolitik
Die Heterogenität und Vielzahl der genannten Themen bedarf einer Reihe von Ansätzen und Instrumenten. Zentraler Grundsatz muss dabei sein, zunächst festzustellen, welche Instrumente bereits vorhanden sind. Der DBJR ist der Meinung, dass kaum Neues erfunden werden muss, sondern gute Instrumente (wieder-) entdeckt und ggf. weiterentwickelt werden müssen, um eine gute Jugendpolitik zu machen. Eine Neuerfindung des Rades ist nicht notwendig.
Zweite Grundlage der eingesetzten Instrumente einer eigenständigen Jugendpolitik sollte sein: Ansätze breit und nachhaltig aufzustellen. Dazu dienen keine Modellprojekte, Leuchttürme oder andere Strohfeuer. Eine ressort- und ebenenübergreifende Jugendpolitik, die v.a. auf die Breite angelegt ist, wird viele Jahre brauchen, um spürbare Effekte zu erreichen. Doch dies ist der nachhaltige und sinnvolle Weg. Aktionismus und das Setzen auf kurzfristige Sichtbarkeit dürfen kein Kriterium sein.
Das zentrale Instrument, das bereits alle politischen Ebenen in der Hand haben, ist die Stärkung der Jugendarbeit und das bedarfsgerechte Ausstatten der Jugendarbeit mit Ressourcen auf allen politischen Ebenen. Jugendpolitik wird sich maßgeblich daran messen lassen müssen, ob und wie das gelingt. Auf Bundesebene ist das Instrument, das hierzu zu Verfügung steht, der Kinder- und Jugendplan des Bundes, mit dem sich sowohl die Strukturen der Jugendarbeit stärken als auch unter dem Einbezug der im KJP angelegten partnerschaftlichen Zusammenarbeit thematische und jugendpolitische Schwerpunktsetzungen gestalten lassen. Damit ist der Kinder- und Jugendplan des Bundes bereits als modernes jugendpolitisches Instrument zu begreifen, und eben nicht als simples Förderinstrument. Die gilt es zu würdigen, zu stärken und entsprechend einzusetzen.
Ein zentrales Instrument, sowohl zur strukturellen als auch zur thematischen Bearbeitung der Herausforderungen an Jugendpolitik, ist das Konzept der Jugendhilfeausschüsse. Mit ihnen gibt es bereits zumindest theoretisch ein Instrument, das für die „Erörterung aktueller Problemlagen junger Menschen“5 zuständig ist. Der DBJR fordert, die Jugendhilfeausschüsse als zentrales Partizipationsinstrument für Jugendthemen wiederzuentdecken und v.a. weiterzuentwickeln. Dazu müssen die Jugendhilfeausschüsse, die mancherorts nur noch rein formale Organe der Mittelverteilung sind, erneuert werden. Junge Menschen und Jugendverbände müssen verbindlicher und noch stärker einbezogen werden, als dies bisher der Fall ist. Die Thematische Befassung muss sich von reiner Befassung mit Leistungen des SGB VIII zu einer breiten Beschäftigung mit aktuellen Problemlagen und Anliegen verändern. Durch die formale Rolle der Jugendhilfeausschüsse wird so eine verbindliche und wirkungsvolle Umsetzung auf verschiedenen Ebenen sichergestellt. Dies muss gesetzlich weiter abgesichert und unterstützt werden. Auf Bundesebene gilt es, ein Äquivalent zu schaffen. Jugendpolitik auf Bundesebene kann dann zwischen Ressort- und Interessenvertreter/-innen auf Augenhöhe gestaltet und diskutiert werden. Auch auf Bundesebene lässt sich so eine zielgerichtete und in die Zivilgesellschaft vermittelbare bedarfs- und interessengerichtete Themen- und Ressourcenpolitik machen.6
Als weitere Instrumente schlägt der DBJR vor, v.a. breite und wirkungsvolle Beteiligungssysteme zu etablieren. In der Entwicklung eines sinnvollen Konsultationsverfahrens zur Umsetzung der EU-Jugendstrategie im Rahmen des Strukturierten Dialoges zeigt der DBJR bereits, wie so etwas angegangen werden kann und welche Möglichkeiten es gibt. Hier müssen auch weitere Möglichkeiten der E-Partizipation ins Auge gefasst werden, wie sie z.Z. im Dialog Internet unter Federführung des DBJR diskutiert werden. 7
Ein hilfreiches ergänzendes Instrument könnte die Etablierung eines Indikatorensytems sein, wie es erfolgreich in der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung angewendet wird. Dies setzt natürlich eine breite Verständigung über Themen, Ziele und Kriterien voraus.
Ergänzend möchte der DBJR die Auseinandersetzung darüber anregen, inwieweit eine eigene Gesetzesfolgenabschätzung in Bezug auf die Auswirkung für die Jugend bei allen zu verabschiedenden Gesetzen sinnvoll erscheint. Im Sinne einer Generationengerechtigkeit und mit Blick auf zukünftige oder aktuelle Auswirkungen von Gesetzen ist es notwendig, die Gesetzgeber über Auswirkungen auf junge Menschen zu informieren.
Ein zentrales Instrument, dessen sich Jugendpolitik in jedem Fall bedienen sollte, sind die Strukturen der Jugendverbandsarbeit. Durch ihre breite und heterogene Zusammensetzung, ihre Interessenvertretungs- und Transferfunktion als breite und demokratisch legitimierte Interessenvertretung junger Menschen können sie sicher wichtige Beiträge im Rahmen der Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik leisten.
Der gemeinsame Prozess
Der gemeinsame Prozess zur Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik muss als Verständigungsprozess zwischen allen politischen Ebenen und Akteuren der Jugendpolitik gestaltet werden. Den Jugendverbänden und ihren Zusammenschlüssen als direkten und demokratisch legitimierten Interessenvertreter/-innen von Jugend und ihrer Möglichkeit zum Transfer von Themen und Inhalten in verschiedenen Richtungen kommt dabei eine besondere Aufgabe zu. Für die Bundesebene stehen der DBJR und die Jugendverbände dafür bereit und haben in vielen Papieren und in Projekten bereits einige Vorleistungen gedanklicher und konzeptioneller Art eingebracht.
Es gilt dabei in einem ersten Prozess zu klären, wer notwendige Akteure sind und mit welchem Mandat sie von wem ausgestattet sind.
Darüber hinaus bietet sich ein breit angelegter Partizipationsprozess für junge Menschen an, den der DBJR durchzuführen bereit ist. Hier können u.a. im Sinne von breiter Konsultation junger Menschen Erfahrungen und Methoden des beginnenden Strukturierten Dialoges zur Umsetzung der EU-Jugendstrategie einbezogen werden.
Die drei oben genannten thematischen Zugänge, die der DBJR beschreibt, müssen explizit auch alle drei zum Thema gemacht werden. Sowohl Rolle von Jugend in Gesellschaft als auch wichtige Themen für junge Menschen, als auch strukturelle Ansätze müssen in einer eigenständigen Jugendpolitik gleichermaßen eine Rolle spielen. Der DBJR hielte einen Prozess, der sich ausschließlich auf die Ebene nur eines dieser Zugänge beschränkt, für keinen sinnvollen Weg.
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1 Bundesjugendkuratorium: Zur Neupositionierung von Jugendpolitik. 2009, www.bundesjugendkuratorium.de
2 Deutscher Bundesjugendring: Selbstbestimmt und nicht verzweckt. 2010, www.dbjr.de
3 Deutscher Bundesjugendring: Selbstbestimmt und nicht verzweckt. 2010, www.dbjr.de
4 Deutscher Bundesjugendring: Arbeitshilfe „Starke Verbände – Starke Jugend“. 2011, www.jugendkampagne.de
5 SGB VIII § 71 (2)
6 Der DBJR wird bei Bedarf zu Weiterentwicklung der JHA und zur Etablierung eines Äquivalents auf Bundesebene im Fortgang der Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik ein ausführlicheres Konzept einbringen.
7 Der DBJR wird zur Etablierung geeigneter Partizipationsinstrumente im Rahmen einer Jugendpolitik im Fortgang der Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik ein ausführlicheres Konzept einbringen. [siehe oben]