Erasmus+, Europäisches Solidaritätskorps und Kreatives Europa brauchen mehr als einen grünen Anstrich
Wir begrüßen, dass das Thema Nachhaltigkeit zu einer der horizontalen Prioritäten der Programme Erasmus+ und Europäisches Solidaritätskorps gemacht wurde und freuen uns über den großen Stellenwert den dieses Thema damit innerhalb der beiden Programme erhält. Gleichzeitig fordern wir, dass das Thema Nachhaltigkeit auch im Programm Kreatives Europa den selben Stellenwert erhält.
In Hinblick auf Erasmus+ und das Europäische Solidaritätskorps fordern wir bei einigen Aspekten mit Blick auf die Ausgestaltung der Programme jedoch teils umfangreichere bzw. andere Maßnahmen.
Insbesondere kritisieren wir die Engführung des Nachhaltigkeitsverständnisses der Programme Erasmus+ und Europäisches Solidaritätskorps. Dieses orientiert sich unserer Meinung nach zu wenig an den SDGs bzw. der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und vernachlässigt die soziale Dimension und die globalen Implikationen des Nachhaltigkeitsbegriffs.
Darüber hinaus kritisieren wir, dass die Förderung von Nachhaltigkeitsaspekten auf einige ausgewählte Bereiche der Programmplanung und -durchführung beschränkt ist und andere wesentliche Aspekte wie z.B. nachhaltige Unterbringung, nachhaltige Verpflegung usw. in den Förderbedingungen nicht aufgenommen wurden.
Ausgehend von dieser Kritik fordern wir alle an der Programmgestaltung beteiligten Akteur*innen dazu auf, bei der Weiterentwicklung der Programme, die folgenden Aspekte in den Blick zu nehmen:
- Die zusätzliche Förderung für umweltfreundliches Reisen muss für alle Distanzen anwendbar sein und die realen Mehrkosten umweltfreundlichen Reisens decken.
- Zusätzliche Mehrkosten beispielsweise für nachhaltige Verpflegung, nachhaltige Unterbringung etc. müssen ebenfalls gefördert werden.
- Ein umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis ist notwendig. Dieses muss sich an der Agenda 2030 der Vereinten Nationen orientieren.
- Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) muss konzeptionell in die Programme integriert werden. Teilnehmende an Maßnahmen im Rahmen von Erasmus+ und Europäischem Solidaritätskorps müssen im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung die Kompetenzen erwerben, die sie als wichtige Akteure der sozial-ökologischen Transformation benötigen.
- Die Lasten durch die Greenification (Entwicklung hin zu mehr Nachhaltigkeit) sollten auf die verschiedenen Bildungsbereiche gleichermaßen aufgeteilt werden.
- Die größere Nachhaltigkeit der Programme darf sich nicht in einer stärkeren Bürokratie für Antragstellende niederschlagen.
- Die horizontalen Prioritäten innerhalb der Programmes Erasmus+ und Europäisches Solidaritätskorps sollten gleichrangig behandelt und keines der Themen gegenüber den anderen Themen z.B. durch besondere Bepunktung oder Ähnliches einseitig hervorgehoben werden.
- Bei der weiteren Ausdifferenzierung bzw. Weiterentwicklung der horizontalen Priorität zum Thema Nachhaltigkeit sollte die Expertise von Jugendverbänden und -ringen sowie von jungen Menschen einbezogen werden.
- Die zivilgesellschaftlichen Begleitgremien für die EU-Förderprogramme in der Programmgeneration 2021-2027 sollten zeitnah eingesetzt werden. Ihre Expertise sollte bei Ausdifferenzierung bzw. Weiterentwicklung der horizontalen Priorität zum Thema Nachhaltigkeit dringend einbezogen werden.
- In der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass hybride und digitale Formate eine sinnvolle Ergänzung zu physischen Begegnungen sein können. Daher sollten solche Formate auch in der neuen Programmgeneration gefördert werden. Dabei sollte vor allem auch die Nutzung von Open Source Programmen ermöglicht werden.
- Es ist dringend erforderlich, dass die Europäische Kommission und die Nationalagenturen Messinstrumente entwickeln, mit denen in einer möglichst umfangreichen Bewertung von positiven und negativen Effekten die Umweltbilanz der Programme beurteilt werden kann.
- Bei Mobilitäten sind Flugreisen für Distanzen unter 1.000 km grundsätzlich zu vermeiden.
- Alle verbleibenden klimaschädlichen Emissionen der Programme sollten durch geeignete, didaktisch aufbereitete Projekte kompensiert werden. Die Mittel hierfür dürfen jedoch nicht aus dem Budget der Jugend- und Bildungsprogramme genommen werden.
- Der derzeitige Programmentwurf für "Kreatives Europa" muss noch viel deutlicher auf nachhaltige Entwicklungen eingehen.
- Eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit, zum Beispiel durch Tanz, Musik oder Kunst, ist nicht nur für kulturelle Institutionen wichtig, sondern stellt einen guten Zugang für alle Interessensgruppen dar.
Einstimmig bei einer Enthaltungen beschlossen im Hauptausschuss am 2.06.2021 in Berlin.