Jugendverbände

Im Austausch mit Bundespräsident Steinmeier

Gruppenfoto mit Vorstand und Bundespräsident im Schloss Bellevue.
Der Vorstand des Bundesjugendrings hat sich mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Gespräch getroffen. Thematisiert wurden der Einsatz der Jugend für eine vielfältige Demokratie und die notwendigen politischen Rahmenbedingungen dafür.

Im Dialog mit dem Bundespräsidenten schilderten die Vorstandsmitglieder des Bundesjugendrings die Situation junger Menschen im Angesicht der multiplen Krise. In den Jugendverbänden und Jugendringen zeigt sich eindrücklich, wie Kinder und Jugendliche sich selbstbestimmt und selbstorganisiert ehrenamtlich engagieren und für eine vielfältige, offene Gesellschaft streiten. Gleichzeitig werden ihre Interessen und Bedarfe in den politischen Prozessen und Entscheidungen zu wenig berücksichtigt.

Dies wurde insbesondere in der Corona-Zeit deutlich. Nach zwei Jahren Pandemie zeigen Studien und die Eindrücke in der Jugendarbeit, wie stark die Jugend belastet war, ist und längere Zeit bleiben wird. Der Angriff Russlands auf die Ukraine und der fortdauernde Krieg sowie die daraus resultierenden Preissteigerungen haben Auswirkung auf die junge Generation. Dazu kommen der sicht- und spürbare Klimawandel und wachsende soziale Ungerechtigkeiten. Diese permanent leuchtende Alarmzeichen nehmen junge Menschen sensibel war, sie haben Wirkung auf die mentale Gesundheit junger Menschen.

Der Bundespräsident hörte die Sicht des Bundesjugendrings , dass die Politik junge Menschen auch in Krisen wahrnehmen und ernsthaft an Entscheidungsprozessen beteiligen muss, auch auf der europäischen Ebene. Jugendverbände und -ringe als deren legitimierte Interessenvertretung brauchen für ihre Arbeit entsprechende Rahmenbedingungen. Das bedeutet vor allem eine gestärkte Regelförderung für die seit Jahren verlässlichen, tragfähigen und innovationsfreudigen Strukturen der Jugendverbandsarbeit.

Zudem muss die Jugendverbandsarbeit stärker anerkannt werden, sagte der Vorstand dem Bundespräsidenten. Der Blick auf Jugend nur in formalen Kontexten wie Schule ist verkürzt. In der außerschulischen Jugendarbeit mit ihren Entfaltungs- und Erfahrungsräumen steckt großes Potenzial. Viele Jugendliche kommen über die Teilnahme an einer Gruppenstunde oder einer Ferienfreizeit in das Engagement, nehmen aktiv an Aushandlungsprozessen teil und übernehmen später Verantwortung im Verband. Damit die tausenden Ehrenamtlichen, unterstützt durch eine vergleichsweise kleine Zahl an Hauptamtlichen, das leisten können, was sie seit Jahrzehnten leisten, brauchen sie gesellschaftliche und politische Anerkennung und Wertschätzung.

Das Jahr 2022 ist das Europäische Jahr der Jugend. Auf die Frage des Bundespräsidenten, was sich Jugendliche in den Europäischen Ländern wünschen, betonte der Vorstand, dass Europa für junge Menschen längst zur Lebensrealität gehört. Viele erfahren und leben den europäischen Gedanken über Austausch und Begegnungen. Europas Jugend wünscht sich, dass klima- und sozialpolitische Themen länderübergreifend gedacht und angegangen werden.

Mit Blick auf die internationale Jugendarbeit beschrieb der Vorstanden des Bundesjugendrings die Unterstützung aus den Jugendverbänden für ukrainische Geflüchtete. Quasi über Nacht haben Jugendverbände in den Nachbarländern Hilfe organisiert. Sie haben Menschen an den Grenzen empfangen, Trost gespendet und das Nötigste für die ersten Tage organisiert. Aus Deutschland sind Gruppen an die Grenzen aufgebrochen, um zu unterstützen. Der Bundesjugendring hat seine Netzwerke aktiviert und für die Partner*innen in Polen, in der Republik Moldau, in Ungarn und der Slowakei erfolgreich finanzielle Unterstützung organisiert. In Deutschland haben die Jugendverbände ihre Angebote und Freizeiten für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine geöffnet – mit großem persönlichem Engagement der jungen Menschen vor Ort. Frank-Walter Steinmeier zeigte sich von diesem Einsatz beeindruckt.

Und er nahm zur Kenntnis: Junge Menschen streiten schon lange für die Stärkung der Arbeit des Europarats als Hüter von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten über die Europäische Union hinaus. Hier wünschen sie sich Unterstützung durch politisch Verantwortliche in Deutschland.

Vor dem Hintergrund der wiederkehrenden Debatte um Pflichtdienste machte der Vorstand deutlich: Zwangsdienste sind unnötig und kontraproduktiv. Freiwilliges Engagement kann und darf nicht erzwungen werden. Die Praxis zeigt zudem, dass jedes Jahr die Nachfrage nach Freiwilligendienstplätzen höher ist als das Angebot. Statt neue Pflichtdienste zu schaffen, müssen vielmehr bestehende Freiwilligendienste finanziell gestärkt und ausgebaut werden.

Themen: Jugendverbände