#JugendHearing: Die Wünsche und Forderungen junger Menschen
Fotos: Irmgard Grüter/Johanna Warter/Heiko Tammena
Carolina Claus (27 Jahre, Landesjugendring Schleswig-Holstein)
„Die Zeit seit November, dem Beginn des zweiten Lockdowns, kommt mir sehr lang vor. Einerseits weiß ich, dass ich sehr privilegiert im Gegensatz zu anderen Menschen bin, andererseits merke ich schon, dass mein Wohlbefinden darunter leidet, seit Monaten nur noch ein, zwei, drei Freund*innen und Familienangehörige sehen zu können und gefühlt den ganzen Tag vor einem Bildschirm zu hängen. Die Gemeinschaft mit Freund*innen, Familie und in meinem Verein vermisse ich sehr.
Mit den Jugendlichen sprechen, statt immer nur über sie
Es sollte weniger über Kinder und Jugendliche gesprochen werden, sondern mit Kindern und Jugendlichen. Insbesondere (jüngere) Kinder sollten als die Expert*innen ihrer Lebenswelt, die sie sind, gesehen und gehört werden.
Vom Jugend-Hearing der Bundesjugendministerin erhoffe ich mir, dass die Ergebnisse der Diskussionen und Arbeitsgruppen nicht nur angehört, sondern auch in zukünftigen Strategien berücksichtigt werden.“
Johanna Warter (22 Jahre, Evangelische Jugend in Deutschland e.V./aej)
„Mein Alltag und meine Struktur sind durch die Corona-Pandemie weggebrochen. Alleine zu wohnen und ein Studium online zu absolvieren, wenig physischer Kontakt mit Freunden – das schlägt auf die Stimmung und greift die Psyche an.
Es müssen mehr Dialoge mit jungen Menschen geführt werden. Jugendverbände und -vereine oder die offene Jugendarbeit sollten gerade noch mehr als sonst die Anlaufstellen für Politiker*innen sein. Aber auch die direkten Gespräche mit Kindern und Jugendlichen sollten gesucht werden, da verfasste Jugendarbeit auch lange nicht alle erreicht, etwa Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien.
Es braucht mehr Awareness für die mentalen Folgen der Pandemie. Hilfsangebote müssen besser promotet werden.
Es muss einfach mehr Awareness für die mentale Gesundheit und auch für die sozialen Folgen der Pandemie besonders auf die jungen Menschen unserer Gesellschaft geschaffen werden. Es sollte offensichtlicher auf Hilfsangebote Aufmerksam gemacht werden. Jugendliche erreicht man momentan gut über Social Media, es muss adäquate Angebote geben die auch über Instagram oder TikTok promotet werden. Das psychologische Angebot muss einfacher erreichbar werden, es darf keine Monate dauern, Hilfe zu bekommen.
Kinder und Jugendliche dürfen auch nicht nur als Schüler*innen wahrgenommen werden. Ich erwarte von der Politik, dass junge Menschen auch als diese wahrgenommen werden und nicht nur als Leistungserbringer*innen wie Schüler*innen, Student*innen und Azubis.
Junge Menschen sind die Zukunft. Wir dürfen nicht vergessen und nicht nur als Leistungserbringer dargestellt werden.
Das Impfen muss auch für junge Menschen beginnen, damit auch wir bald wieder mehr Freiheiten haben können und zum Beispiel wieder vernünftig in der Uni mit Kommilitonen lernen können oder auch einfach unseren Hobbys nachgehen können.
Ich erwarte, dass die Politik und die Gesellschaft noch mehr für die Bedürfnisse und Anliegen junger Menschen sensibilisiert werden, dass uns zugehört wird und dass daraus auch Taten folgen. Wir sind die Zukunft, uns braucht es auch, um die wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie auszubügeln. Wir dürfen nicht vergessen und nicht nur als Leistungserbringer dargestellt werden.“
Franz Wacker (21 Jahre, Katholische Landjugendbewegung Bayern)
„In meinen Augen würde die Situation junger Menschen verbessert werden, wenn man ihnen einfach mal zuhört. Ihre Ängste und Sorgen ernst zu nehmen und diese auch mit in die Entscheidungen zu nehmen.
Junge Menschen brauchen Räume, in denen sie sich entwicklen und ihre Potenziale entfalten können.
Die Vernetzung und die Kommunikation zwischen den Entscheidungsträger*innen und den Jugendverbänden sollte genutzt werden, um an das gemeinsame Ziel zu kommen. Jugendverbände wie die Katholische Landjugend Bayern (KLJB) haben dazu Beschlüsse und Ideen. Wir sehen es etwa als deutlich wichtiger an, Freiräume zur Persönlichkeitsentwicklung zu ermöglichen, als verpasste Lerninhalte in Deutsch, Mathe und Englisch aufzuholen. Junge Menschen brauchen über die fachlichen Kompetenzen hinaus Räume, um sich entwickeln und ihre Potenziale entfalten zu können. Außerdem braucht es mehr denn je ein Umfeld, wo Raum ist für gegenseitige Achtsamkeit, die Wahrnehmung von Bedürfnissen anderer Menschen und Begegnungen auf Augenhöhe.
Ich hoffe, dass die Bundesjugendministerin einfach zuhört und mitschreibt.
An das Jugend-Hearing habe die Hoffnung, dass Bundesjugendministerin Franziska Giffey mit einem Kugelschreiber vor der Kamera sitzt und einfach mitschreibt, welche Gedanken, Punkte und Vorschläge wir jungen Menschen mitbringen und diese dann im Ministerium weiter bearbeitet werden. In meinen Augen brauchen wir keinen Vortrag von Seiten des Ministeriums, sondern einen Vortrag der Jugendverbände. Oft ist Zuhören das Wichtigste.“