Kinder und Jugendliche im Blick behalten
Eine aktuelle Studie der Universitäten Hildesheim und Frankfurt, bei der junge Menschen zu ihren Ansichten und Positionen während der ersten Corona-Maßnahmen im Frühjahr 2020 befragt wurden, bestätigt unsere Position: Jugendliche und junge Erwachsene reklamieren, dass ihre Interessen in der derzeitigen Krise kaum zählen. Sie werden auf ihr Schüler*innen-Sein reduziert oder als Teil von Familien. Ihre Bedarfe, Sorgen und Ängste als Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene dringen nicht ausreichend in den politischen Raum durch.
Bei allen Maßnahmen, die bundesweit einheitlich geregelt werden, muss bedacht werden, dass Treffen mit gleichaltrigen Freunden in der Freizeit weiter möglich sind, das Freizeitaktivitäten wie Gruppenstunden oder Sport im Verein erhalten bleiben, dass berufliche Perspektiven nach dem Schul- oder Berufsabschluss wichtig sind. Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit diskutierten vom 21. bis 23.09.2020 bei einem digitalen Kongress über die gegenwärtige Situation. Aus der Debatte leiten wir für die Kinder- und Jugendarbeit die Forderung ab: Als zivilgesellschaftlicher Partner der Politik müssen wir an Krisenplänen und in Krisenstäben mitwirken – auf allen föderalen Ebenen.
Junge Menschen fordern mehr Mitwirkung und Mitbestimmung an Lösungen in der Corona-Krise. Es müssen deswegen Formate entwickelt werden, in denen Interessenvertretung von Jugend und Politik zusammenkommen, auf Augenhöhe miteinander verhandeln und gemeinsam gestalten können. Jugendverbände sind bereit, ihre Rolle und Aufgabe als Interessenvertretung verantwortlich wahrzunehmen.
Kompass für alle politischen Maßnahmen, die Kinder- und Jugendliche betreffen, ist die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. Dort sind parallel zum Schutz Förderung und Teilhabe als zentrale Säulen genannt. Wenn in Zeiten der Pandemie der Fokus zunächst auf dem Schutz liegt, dürfen Förderung und Teilhabe aber nicht vernachlässigt werden. Deswegen reklamieren wir Freiräume sowie Handlungs- und Planungssicherheit für die Jugendarbeit. Mit Blick auf Bildung müssen neben Schule und Universität die Orte der non-formalen und informellen Bildung offen bleiben.
Bei aller Krisenbewältigung gehört aus unserer Sicht dringend auf die Tagesordnung der Bund-Länder-Gespräche, Perspektiven zu schaffen. Nach derzeitiger Erkenntnis wird die Pandemie noch Monate den Alltag beeinflussen. Deswegen braucht es Debatten darüber, die Gesellschaft im Sinne aller Generationen – besonders aber der jungen Generation – krisenfest zu machen: Mit einer Transformation in eine ökologische und sozial gerechte Gesellschaft, einer Stärkung der Gemeinwohlorientierung im Gesundheitssystem und in der Digitalisierung und mit dem Ausbau der politischen Mitwirkung junger Menschen.