Ukraine Bildung Jugendverbände

Politische Jugendbildung unterstützt beim Umgang mit dem Krieg

Die Gemeinsame Initiative der Träger politischer Jugendbildung (GEMINI) im Bundesausschuss politische Bildung (bap) hat eine aktuelle Stellungnahme veröffentlicht. Darin weist sie auf den Beitrag und die Aufgaben der politischen Jugendbildung im Umgang mit dem Krieg in der Ukraine hin. Die Träger sehen es als ihre vornehmste Aufgabe an, hier mit ihren Angeboten der außerschulischen Bildung anzusetzen und Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, Räume für ihre Fragen, Unsicherheiten und Anliegen zu schaffen und eine vertiefte Auseinandersetzung mit aktuellen politischen Geschehen zu begleiten. Der Bundesjugendring ist Teil der GEMINI und teilt den Text im Wortlaut:

Über Krieg sprechen – Die politische Jugendbildung unterstützt Jugendliche und junge Geflüchtete mit Orientierungswissen und stärkt die Handlungsfähigkeit

Der russische Krieg gegen die Ukraine trifft auf eine Jugend, die durch zwei Jahre Pandemie bereits sehr verunsichert ist und auf viele zur Lebensphase Jugend gehörende Erfahrungen verzichten musste. In der Corona-Pandemie fühlten sich Jugendliche in ihren Anliegen und Unsicherheiten von Politik und Gesellschaft nicht wahrgenommen. Die Träger der politischen Jugendbildung sehen es als ihre vornehmste Aufgabe an, hier mit ihren Angeboten anzusetzen und Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, Räume für ihre Fragen, Unsicherheiten und Anliegen zu schaffen.

Aktuelle Interviews zeigen, dass die Angst vor einem Krieg in Europa den Klimawandel als größte Sorge junger Menschen abgelöst hat. Über ein Drittel der befragten jungen Menschen erwarten demnach, dass ein Leben mit Angst vor Krieg zum Dauerzustand werden könnte. Als besonders belastend an dieser Situation wird das Gefühl der Ohnmacht gegenüber diesem Krieg empfunden.[1] Angesichts des Angriffs auf die europäische Friedensordnung, die nicht nur bei Kindern und Jugendlichen zu Ängsten und Verunsicherungen führt, kommt der politischen Jugendbildung eine besondere Verantwortung zu. Sie bietet Räume, um Ängste aufzugreifen und eine vertiefte Auseinandersetzung mit aktuellen politischen Geschehen zu führen und zu begleiten.

Krieg und Frieden thematisieren - Politische Bildung greift aktuelle Sorgen und Anliegen junger Menschen in ihren Angeboten auf

Die Träger der politischen Jugendbildung arbeiten mit vielseitigen Formaten, didaktischen Ansätzen und Materialien, um Fragen von Krieg und Frieden zu Themen politischer Bildung zu machen. Diese Bildungsarbeit muss angesichts der sich schnell verändernden Lage in der Ukraine, aber auch vor dem Hintergrund einer neuen sicherheitspolitischen Ausrichtung in der Bundesrepublik und aufgrund von Themen wie Cyberkrieg und Waffenlieferungen jetzt gestärkt und weiterentwickelt werden. Dabei ist politische Jugendbildung nicht nur gefordert, mit den Entwicklungen Schritt zu halten und mit ihren Angeboten der Komplexität und Aktualität gerecht zu werden. Insbesondere will sie trotz aller Herausforderungen, Jugendlichen Räume eröffnen, um sich zu entfalten und Selbstwirksamkeit zu erfahren. In den letzten Jahren haben die Träger politischer Bildung verstärkt Praxiskonzepte zum Umgang mit Verschwörungsideologien oder Fake News entwickelt. Diese vermitteln ein grundlegendes Orientierungswissen zum Umgang mit der medialen Berichterstattung. Angesicht der russischen Propaganda und der Falschmeldungen, die auch zum Krieg in der Ukraine grassieren, werden wir in dieser Hinsicht unsere Bildungsarbeit ausbauen und intensivieren.

Politische Bildung entwickelt diskriminierungssensible Bildungsangebote und leistet einen Beitrag zum Empowerment junger Geflüchteter

Die Einrichtungen der politischen Jugendbildung mit eigenen Tagungshäusern bieten aktuell Unterkunftsmöglichkeiten für ukrainische Geflüchtete an. Mittelfristig sehen wir die Aufgabe der politischen Jugendbildung jedoch vor allem darin, inhaltliche Gesprächs- und Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche zu machen. Junge Geflüchtete aus der Ukraine haben mitunter Traumatisierungen erlebt und sind auch in Deutschland ständig mit dem Thema des Krieges in ihrem Heimatland konfrontiert. Aber auch Kinder und Jugendliche mit einem Fluchthintergrund, die nicht aus der Ukraine kommen und andere Kriege erlebt haben, werden aktuell mit ihren eigenen Kriegserfahrungen konfrontiert. Hier sehen wir als Träger politischer Jugendbildung die Möglichkeit mit politischen Bildungsangeboten Gesprächsangebote zu schaffen und einen Beitrag zum Empowerment junger Geflüchteter zu leisten. Wir bringen hierzu einen langjährigen Erfahrungsschatz zum Beispiel aus dem trägerübergreifenden Projekt „Empowered by Democracy“ mit, das junge Menschen mit und ohne Fluchthintergrund einlud, sich in Seminaren und Workshops mit Fragen der Demokratie auseinanderzusetzen.

Die politische Jugendbildung entwickelt entsprechend diskriminierungssensible Bildungsformate für Kinder und Jugendliche. Es muss unbedingt vermieden werden, dass die Stimmung in der Aufnahmegesellschaft gegenüber den ankommenden Geflüchteten mit der Zeit in Ressentiments umschlägt und rechtspopulistischen Bewegungen Vorschub leistet, wie in den Jahren nach 2015 geschehen. So wirken politische Bildungsangebote daran mit, dass beispielsweise rassistischen Vorurteilen durch eine Einteilung in zwei unterschiedliche Kategorien von Geflüchteten keinen Raum erhalten. Darüber hinaus sind auch junge Menschen mit einer Verbindung zu Russland sind aktuell auf einen besonderen Schutz angewiesen, da sie möglicherweise mit Verallgemeinerungen und Alternisierungseffekten konfrontiert sind.

Eine starke Infrastruktur politischer Jugendbildung hilft, aktuellen gesellschaftspolitischen Herausforderungen zu begegnen

Die in der GEMINI zusammengeschlossenen Träger der politischen Jugendbildung im Kinder- und Jugendplan halten dafür eine starke Infrastruktur vor: Eine außerschulische Bildungsstruktur, die bundesweit in der Fläche vorhanden und mit ihrer Arbeit in strukturschwachen und ländlichen Räumen ebenso wie in Ballungsgebieten verortet ist. Diese bestehende personelle Infrastruktur mit Bildungsreferent:innen und die lokale Verortung unserer über 1.750 Einrichtungen der politischen Bildung ermöglichen es, mit  bedarfsorientierten politischen Bildungsangeboten schnell und flexibel auf die aktuelle Lage zu reagieren und eine bundesweite Reichweite zu gewährleisten.

Die Gemeinsame Initiative der Träger Politischer Jugendbildung (GEMINI) ist eine Arbeitsgruppe im Bundesausschuss Politische Bildung (bap e.V.) und bildet ein starkes Netzwerk für die Politische Bildung mit über 1.750 Einrichtungen der außerschulischen Bildung.

 

Gemeinsame Initiative der Träger politischer Jugendbildung (GEMINI):

Arbeitsgemeinschaft der Ost-West-Institute e.V.

Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland e.V.

Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e.V.

Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben e.V.

Deutscher Bundesjugendring

Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung

Verband der Bildungszentren im ländlichen Raum e. V. 

 

[1] Ergebnisse der aktuellen Trendstudie Jugend in Deutschland (2022).

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