Medien- und Digitalpolitik

Position „Du bist doch süchtig!“

Gemeinsam mit anderen Organisationen mahnen wir zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Begriff Mediensucht in der Position „Du bist doch süchtig!“. Der Umgang mit digitalen Medien ist heute für junge Menschen Alltag und braucht eine konstruktive Unterstützung.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz und das Deutsche Kinderhilfswerk hatten zu einem Fachtag mit Expert*innen aus dem Bereich Jugendmedienschutz geladen und das Papier diskutiert. Der Bundesjugendring hat sich daran beteiligt. Die Organisationen hinter dem Papier stellen klar: Eine Vielzahl junger Menschen sollte vor unzutreffender Stigmatisierung geschützt werden. Zugleich muss eine notwendige Diagnose die Hilfe für betroffene Kinder und Jugendliche ermöglichen sowie gleichermaßen die Bedeutung des Spiels und damit einhergehender Aktivitäten für das Aufwachsen und die Entwicklung von Kindern anerkennen. Das Positionspapier betont, dass dabei der kinderrechtliche Dreiklang aus Schutz, Befähigung und Teilhabe stets mitgedacht werden muss.

Eine unreflektierte oder leichtfertige Verwendung des Begriffs der Mediensucht ist aus pädagogischen Gründen kontraproduktiv. Sie trägt zu einer unnötigen sozialen Stigmatisierung junger Menschen bei, die intensiv oder exzessiv Medien nutzen. Sie kann zu dem eine angemessene Präventionsarbeit sowie die Ansprache Betroffener erschweren und dazu führen, dass notwendige und hilfreiche therapeutische Angebote für Betroffene in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigt werden. Eine im Sinne der Kinderrechte ausgewogene medienpolitische Strategie darf Risiken exzessiver Mediennutzung von jungen Menschen nicht vernachlässigen. Sie sollte aber gleichzeitig sich verändernde Medienkulturen und Medienwerte berücksichtigen.

Die Organisationen stellen klar, dass ein fach- und gesellschaftsübergreifenden Diskurs darüber notwendig ist, was als normal und unkritisch bei der Nutzung von digitalen Games anzusehen ist. Dabei muss geklärt werden, welche Kriterien für eine Bewertung als problematische oder pathologische Mediennutzung herangezogen werden. „Normalität“ muss ständig an die gesellschaftliche Realität angepasst werden. Insgesamt stehen alle Beteiligten vor der Aufgabe, eine Kultur der Mediennutzung in der Familie und im Alltag zu entwickeln. Dazu bedarf es vermehrt der Angebote des erzieherischen Kinder- und Jugendmedienschutzes. Digitale Bildung für Kinder und Jugendliche muss ausgebaut werden. Eltern benötigen Angebote, wie sie die Medienerziehung in der Familie gestalten können und Hilfe, wenn es zu Problemen kommt. Kinder und Jugendliche müssen an diesen Debatten beteiligt werden. Denn ihre Erfahrungen und Reflexionen sollten wesentlicher Bestandteil in diesem Prozess sein. Außerdem ist die Befähigung junger Menschen zur bewussten und gesunden Nutzung von Medien zu fördern. Die Vermittlung von Medienkompetenz als wichtigem Präventionsfaktor ist zentral. Dafür muss die Rolle des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes in Bildungseinrichtungen und besonders in der freien und öffentlichen Jugendhilfe nachhaltig personell und finanziell abgesichert werden.

Zugleich müssen die Medienanbieter ihrer Verantwortung gerecht werden. Dazu gehört es, Spiele für junge Menschen zu entwickeln, die an deren Interessen und Neigungen anknüpfen, ihre Kreativität anregen sowie förderlich für ihre Entwicklung sind. Um dies zu erreichen, sollten Anbieter junge Menschen an der Entwicklung ihrer Produkte beteiligen. Um die persönliche Integrität zu schützen, müssen Anbieter auf abhängigkeitsproduzierende Spielgestaltungen und Mechanismen der wirtschaftlichen Ausbeutung verzichten. Sie sollten Risiken kennzeichnen und in die Präventionsarbeit investieren.
 
Positionspapier „Du bist doch süchtig!“

Themen: Medien- und Digitalpolitik