Medien- und Digitalpolitik

Schutz und Hilfe für User*innen bei digitaler Gewalt

Welche Möglichkeiten gibt es, digitaler Gewalt zu begegnen? Und wie können dabei Meinungsfreiheit und persönliche Sicherheit garantiert werden? Darüber haben junge Menschen im Workshop unseres Projektes „Social Digital Responsibility“ diskutiert.

Junge Menschen sollten keine Angst vor Hass und Hetze im Netz haben müssen. Im Impulsvortrag der Organisation jugendschutz.net wurde jedoch klar: Für jugendliche User*innen ist das Internet Lebensrealität – mit allen Risiken. 70 Prozent der jungen Menschen sehen häufig oder sehr häufig Hasskommentare. Wie dem begegnet werden kann und welche präventiven Handlungsmöglichkeiten es gibt, schilderte eine Mitarbeiterin der Organisation HateAid, einer Beratungsstelle für Betroffene digitaler Gewalt. Insbesondere in sozialen Netzwerken gibt es Maßnahmen, um die digitale Sicherheit zu erhöhen. Sparsamkeit bei der Angabe persönlicher Daten kann die Sicherheit erhöhen. Argumentationssammlungen und Fakt-Checker können dabei helfen, in polemischen Debatten die Oberhand zu behalten.

Was können junge Nutzer*innen in einer akuten Situation tun, in der sie Hate Speech sehen oder selber Hetze ausgesetzt sind? Wann sollten Inhalte zur Anzeige gebracht werden und welche Voraussetzungen sollten dafür gegeben sein? Darüber diskutierten die jungen Teilnehmenden. Dabei wurde deutlich, dass oftmals nicht bekannt oder transparent ist, wie Kommentare gemeldet werden können. Zwar gibt es inzwischen auf vielen Plattformen die Möglichkeit, Beiträge nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zu melden. Das garantiert aber noch keine Strafverfolgung der Täter*innen.

Auch der Weg zu einer polizeilichen Anzeige verletzender Inhalte ist nicht immer durchschaubar und einfach, so die Teilnehmenden. Insbesondere die Beweissicherung gestaltet sich bei digitalen Inhalten schwierig. Kommentare können wieder gelöscht werden und Screenshots sind nicht zwingend gerichtsfest. Eine Lösung dafür können Plug-ins für den Browser sein, mit denen sich rechtssichere Bildschirmfotos erzeugen lassen. Zudem braucht es Möglichkeiten der anonymen Anzeige, die bisher nur in einigen Bundesländern möglich ist.

Gegenrede zu hetzerischen und denunzierenden Inhalten kann ein probates Mittel sein, um Online-Räume sicherer zu gestalten und Betroffene zu stärken. Dafür müssen aber die emotionalen Ressourcen vorhanden sein und User*innen müssen ausschließen können, dass sie selbst Opfer von Attacken werden. Anonyme Meldemöglichkeiten für Hasspostings aller Art sind zum Beispiel auf https://www.hass-im-netz.info/melden.html möglich.

Diskutiert wurde zudem die Schwierigkeit der Grenze zwischen Meinungsfreiheit und verletzenden Inhalten, die strafrechtlich verfolgt werden. Als Lösungsvorschläge wurden Community Guidelines genannt. Diese – bestenfalls demokratisch erarbeiteten – Richtlinien können Foren und andere Online-Räume sicherer machen, indem sie Regeln für den allgemeinen Umgang festlegen. Auch Netiquette dienen in diesem Sinne als Präventivmaßnahme und können den Ausschluss von User*innen oder bestimmten Kommentaren rechtfertigen, ohne die allgemeine Meinungsfreiheit zu gefährden.

Die Teilnehmenden waren sich einig, dass für Hilfs- und Schutzangebote eine höhere Awareness geschaffen werden muss. Neben Aufklärungsunterricht etwa in der Schule haben hier auch die Plattformen eine Pflicht zur Transparenz. Info-Boxen, wie es sie schon unter ausgewählten YouTube-Videos gibt, können eine Möglichkeit sein. Geäußert wurde zudem der Wunsch nach mehr digitaler Zivilcourage und Sensibilisierung. Geht das einher mit technischen Möglichkeiten vonseiten der Plattformen und politischen Rahmenbedingungen für die Strafverfolgung von Online-Hass, kann das Ziel der jugendgerechten Netzwerke erreicht werden.

Im weiteren Prozess werden aus dem Austausch in den Workshops Leitlinien für jugendgerechte soziale Netzwerke. Das ist Ziel und Aufgabe des Projektes „Social Digital Responsibility: Jungen Verbraucher*innen eine Stimme für aktive Teilhabe an Netzwerken und Plattformen geben“. Am 20.08.21 erfolgt die Übergabe der Ergebnisse an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

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