Armut Jugendpolitik

Zur Einführung einer Kindergrundsicherung

Der Bundesjugendring hat eine Stellungnahme abgegeben zum Referent*innenentwurf des BMFSFJ zur Einführung einer Kindergrundsicherung.

Als Deutscher Bundesjugendring (DBJR) nehmen wir zum vorliegenden Referent*innenentwurf zur Einführung einer Kindergrundsicherung aus Sicht und im Interesse junger Menschen Stellung. Zu bemängeln ist an dieser Stelle zunächst die kurze Rückmeldefrist für Verbände, die eine detaillierte Stellungnahme nahezu unmöglich macht. Daher umfasst unsere Stellungnahme zu diesem Zeitpunkt lediglich ausgewählte Punkte. Bei unkommentierten Punkten des Entwurfs kann nicht automatisch von einer Zustimmung ausgegangen werden.

Das Hauptziel der Einführung einer Kindergrundsicherung war die Bekämpfung der kontinuierlich steigenden Kinderarmut in Deutschland und die Gewährleistung gleicher Chancen für alle jungen Menschen, um ihre soziale und kulturelle Entfaltung zu ermöglichen. Die Absicht bestand darin, das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen in Haushalten, die Transferleistungen beziehen, nachhaltig zu sichern.

Leider erfüllt die Kindergrundsicherung, insbesondere in Bezug auf ihre finanzielle Ausstattung, nicht die Erwartungen. Die vorgesehenen 2,4 Milliarden Euro für das Haushaltsjahr 2024 werden bei weitem nicht ausreichen, um die in Deutschland seit Jahren strukturell verankerte Kinderarmut effektiv zu bekämpfen. Angesichts dieser geringen Summe besteht die Gefahr, dass die angekündigte Neubewertung des kindlichen Existenzminimums die Lebensrealität junger Menschen aus einkommensschwachen Familien nicht angemessen berücksichtigt. Zudem finden sich im Entwurf keine Mittel für eine umfassende Leistungserhöhung, mit Ausnahme einer minimalen Erhöhung der Regelsätze für null- bis fünfjährige Kinder sowie reduzierten Einkommensanrechnungen in bestimmten Fällen. Daher ist es irreführend, den vorliegenden Entwurf weiterhin als "Kindergrundsicherung" zu bezeichnen.

Es ist begrüßenswert, dass die Auszahlung der Kindergrundsicherung für Personen bis zum 25. Lebensjahr möglich ist, um die Übergänge zwischen Schule, Ausbildung und Studium zu berücksichtigen. Jedoch kritisieren wir ausdrücklich, dass die Auszahlung ab dem 18. bzw. 21. Lebensjahr an Bedingungen geknüpft ist.

Grundsätzlich begrüßen wir das Ziel einer Verwaltungsreform, mit der unterschiedliche kindesbezogene Sozialleistungen in der Kindergrundsicherung gebündelt werden. Leider wird dieses gleich an mehreren Punkten nicht erreicht. So versäumt es die Ausgestaltung der Kindergrundsicherung, wie sie im Referent*innenentwurf veranschlagt ist, z.B. konsequent Hindernisse abzubauen, indem die Leistungen für Bildung und Teilhabe pauschal und automatisch an berechtigte Kinder und Jugendliche ausgezahlt werden. Stattdessen bleiben die Leistungen des „Teilhabepakets“ Sachleistungen, die umständlich über ein Gutscheinsystem, Direktzahlungen an die Leistungserbringer zur Deckung ihrer Bedarfe oder als Geldleistungen mit möglicher Einforderung von Belegen über die tatsächlichen Ausgaben ausgezahlt werden. Diese Vorgehensweise führt keineswegs zum erhofften Bürokratieabbau und zur Erhöhung von Teilhabechancen, sondern erhält die hohen Hürden der Auszahlung nahezu unverändert aufrecht.

Gleichzeitig entspricht die Auszahlungssumme von maximal 15 Euro monatlich für Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, Musikunterricht oder vergleichbare Kurse der kulturellen Bildung sowie die Teilnahme an Freizeiten bei Weitem nicht den tatsächlich individuell anfallenden Kosten und sieht darüber hinaus auch keine Regelsatzerhöhung vor. Ebenso werden viele mit einer Teilnahme verbundenen Kosten damit weiterhin nicht erstattet. Somit wird eine echte Teilhabe für anspruchsberechtigte Kinder und Jugendliche auch mit der Einführung der Kindergrundsicherung, wie im Entwurf veranschlagt, nicht gewährleistet.

Insgesamt führt die Ausgestaltung der Kindergrundsicherung, wie sie im vorliegenden Entwurf vorgesehen ist, nicht zur angestrebten Förderung einer gerechten und chancengleichen Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen in unserer Gesellschaft.

Themen: Armut Jugendpolitik