Armut

Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut muss Priorität haben!

Anlässlich des 13. Treffens der Menschen mit Armutserfahrung fordern die Nationale Armutskonferenz (nak) und die im „Ratschlag Kinderarmut“ zusammengeschlossenen Verbände die Bundesregierung auf, wirksam und zielgerichtet die Armut von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zu bekämpfen. Wir sind Teil der Nationalen Armutskonferenz und schließen uns der Erklärung und Forderung an. „Politik und Gesellschaft darf die Bedingungen, unter denen von Armut betroffene Kinder und Jugendliche leben, nicht länger hinnehmen“ betont unser Vorstandsmitglied Matthias Schröder.

Armut verhindert die Chance auf Teilhabe in und an der Gesellschaft. Der wachsende soziale Druck, die mangelnde Teilhabe und konkrete Zukunftsängste belasten junge Menschen in ihrer Entwicklung. Gerade Jugendliche und junge Erwachsene befinden sich in einer besonders tiefgreifenden Umbruchphase ihres Lebens. „Junge Menschen brauchen gute Bedingungen, um den Start in ein selbstständiges Leben zu bewältigen. Gerade was Bildung und Teilhabe angeht. Dazu zählt die unbürokratische Ermöglichung von Teilnahme an Freizeitaktivitäten genauso wie die Förderung des Schulbedarfs, eine Mindestausbildungsvergütung und bezahlbarer Wohnraum“ sagt Matthias Schröder mit Verweis auf die Beschlüsse unserer Vollversammlung 2018 „Jugendarmut bekämpfen!“ und „Einführung einer gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung“.
 
Die gemeinsame Erklärung und Forderung:

Bekämpfung von Kinderarmut muss Priorität haben! - Gemeinsame Erklärung von Nationaler Armutskonferenz, Kinder-, Familien- und Wohlfahrtsverbänden

Anlässlich des 13. Treffens der Menschen mit Armutserfahrung fordern die Nationale Armutskonferenz und die im „Ratschlag Kinderarmut“ zusammengeschlossenen Verbände die Bundesregierung auf, wirksam und zielgerichtet die Armut von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zu bekämpfen:

Armut ist mehr als Statistik. Sie hat viele Gesichter und beeinträchtigt über drei Millionen Kinder und Jugendliche - mehr als jedes fünfte Kind - in ihrem täglichen Leben. Armut heißt: Zugucken beim Mittagessen in der Schule, kein Geld für den Sportverein, ausgegrenzt sein wegen schlechter Kleidung, kein Kindergeburtstag, weil das Geld fehlt - nicht das machen können, was für die meisten anderen ganz „normal“ ist. Von Armut bedroht sind nicht alle Kinder gleichermaßen. Mehr als 40 Prozent der Haushalte von Alleinerziehenden leben mit „Hartz IV“. Auch Kinder und Jugendliche mit mindestens zwei  Geschwistern oder mit gering qualifizierten Eltern wachsen überdurchschnittlich häufig in armen Familien auf.

Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich wirksam und zielgerichtet die Armut von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien zu bekämpfen – und zwar jetzt!

Die Erhöhung des Kindergeldes kommt bei Familien im Grundsicherungsbezug und vielen Alleinerziehenden nicht an, denn das Kindergeld wird mit der Grundsicherung und dem Unterhaltsvorschuss verrechnet. Die dringend notwendige Neuberechnung der Kinderregelsätze wird komplett ausgeklammert. Auch Maßnahmen wie das Baukindergeld helfen Familien, die kein Geld für den Erwerb von Wohneigentum haben, nicht. Das von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag angekündigte „Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Kinderarmut“ ist nicht ausreichend. Die geplanten Reformen des Kinderzuschlags und des Bildungs- und Teilhabepakets greifen zu kurz und sind nicht mit genügend Geld unterlegt.
Für uns steht fest: Wenn die Bundesregierung wirklich Kinderarmut bekämpfen will, müssen die jetzt geplanten Maßnahmen so ausgestaltet werden, dass sie tatsächlich zur Armutsbekämpfung beitragen!

Es muss sofort gehandelt werden:

  • Das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) muss so ausgestaltet werden, dass es Teilhabe für alle Kinder und Jugendlichen einfach möglich macht. Die geplante Erhöhung des Schulbedarfs ist zu begrüßen, aber die 150 Euro reichen bei Weitem nicht aus. Wir wissen aus vielen Studien, dass die tatsächlichen Kosten deutlich höher liegen. Längst überfällig sind sowohl die Abschaffung der Zuzahlungen beim schulischen Mittagessen und beim ÖPNV als auch die Verbesserungen der Zugänge zur Nachhilfe. Damit diese Leistungen aber wirklich bei allen Kindern ankommen, die einen Anspruch haben, braucht es die Einführung eines unbürokratischen „Globalantrags“.
  • Der Kinderzuschlag muss so ausgebaut werden, dass er alle Anspruchsberechtigten erreicht. Die längst überfälligen Verbesserungen durch die Abschaffung der Höchsteinkommensgrenze, die längere Bewilligung und die geänderte Anrechnung von Unterhalt bzw. Unterhaltsvorschuss sind zu begrüßen – diese Änderungen müssen jetzt schnell kommen. Damit jedoch die geringe Inanspruchnahme von unter 40 Prozent erhöht werden kann, muss der Kinderzuschlag künftig automatisch ausgezahlt werden. Entscheidend ist für uns auch, dass der Kinderzuschlag zusammen mit dem Kindergeld das sächliche  Existenzminimum von Kindern in voller Höhe absichert. Dazu braucht es eine fortlaufende Dynamisierung der Leistung in Abhängigkeit von der Höhe des kindlichen Existenzminimums.

Grundsätzlich brauchen wir eine echte Gesamtstrategie, um Kinderarmut nachhaltig zu bekämpfen:

  • Ein einheitliches Existenzminimum, das materielle Grundbedürfnisse und Bildung und Teilhabe sichert, muss sauber ermittelt und für alle Kinder und Jugendlichen einfach und unbürokratisch ausgezahlt werden.
  • Leistungen müssen alle Familienformen erreichen, egal ob verheiratet oder nicht, Alleinerziehende ebenso wie Familien mit vielen Kindern.
  • Leistungen müssen einfacher und transparenter gestaltet sein, sodass der Zugang für die Berechtigten verbessert wird.
  • Die Infrastruktur vor Ort, die für arme Kinder, Jugendliche und ihre Familien besonders wichtig ist, muss gestärkt und der Zugang sichergestellt werden.
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