Gerechtigkeit Nachhaltige Entwicklung

Luft nach oben beim Lieferkettengesetz

Die Bundesregierung hat einen Entwurf für ein Lieferkettengesetz vorgelegt. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, die geplante Ausgestaltung ist jedoch ungenügend.

Ein Lieferkettengesetz ist aus unserer Sicht ein zentraler Baustein, um Unternehmen bei ihrer sozial-ökologischen Verantwortung in die Pflicht zu nehmen und in zentralen Punkten der 2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung Fortschritte zu erzielen. Nur durch wirksame gesetzliche Regelungen und eine verbindliche und transparente Nachhaltigkeits-Berichterstattung der Unternehmen und Zulieferer können Verbraucher*innen nachvollziehen, wie sehr sich Unternehmen an den Nachhaltigkeitszielen orientieren und zu einer gerechten und sozialen Gesellschaft beitragen.

Der Gesetzesentwurferfüllt unsere Forderungen zur Ausgestaltung eines Lieferkettengesetzes nur teilweise. Dazu sagt unser stellvertretender Vorsitzender Marius Schlageter: „Wir begrüßen die Einführung eines Lieferkettengesetzes. Ein solches muss aber nachhaltige Umstrukturierungen innerhalb der Unternehmen und der Organisation sowie Betreuung ihrer Liefer- und Produktionsketten erforderlich machen, damit Menschenrechte und Umwelt wirksam geschützt werden. Insbesondere bei den Sorgfaltspflichten und der zivilrechtlichen Haftung muss der Entwurf nachgeschärft werden.“

Im Entwurf sind die Sorgfaltspflichten von Unternehmen so eingeschränkt, dass sie sich in vollem Umfang nur noch auf direkte Vertragspartner beziehen. Problematische Zustände der weiteren Lieferkette im Ausland blieben so unberücksichtigt. Das verfehlt die Zielsetzung einer wirksamen Verantwortlichkeit. Die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten müssen, anders als vorgesehen, auch für mittelbare Zulieferer gelten, nicht nur für den eigenen Geschäftsbereich sowie unmittelbare Zulieferer.

Eigene, umweltbezogenen Sorgfaltspflichten fehlen im Entwurf gänzlich. Umweltschutz und Nachhaltigkeit werden so weder eingefordert noch garantiert. Das bemängelt unser stellvertretender Vorsitzender Wendelin Haag: „Nur mit einer umweltbezogenen Sorgfaltspflicht können die Ziele der Nachhaltigkeitsagenda erreicht werden, sie muss zwingend ergänzt werden. Bei der Ausgestaltung muss die Stärkung der Kreislaufwirtschaft die wesentliche Rolle einnehmen.“

Es braucht zudem eine explizite zivilrechtliche Haftungsregel. Dazu sagt Wendelin Haag: „Geschädigten Personen in Auftragsnehmerländern muss es durch eine zivilrechtliche Haftung der deutschen auftraggebenden Unternehmen ermöglicht werden, ihren Schaden vor deutschen Gerichten geltend zu machen.“ Neben Einzelpersonen müssen Gruppen, Verbände und Interessenvertretungen sowie geschädigte Dritte ein umfassendes Klagerecht erhalten.

Ein wirksames Gesetz muss zudem für möglichst viele Unternehmen Wirkung entfalten. Der Geltungsbereich sollte deswegen erweitert werden auf alle Unternehmen, die mehr als 250 Menschen beschäftigen sowie auf kleine und mittlere Unternehmen, die in Bereichen mit besonderen menschenrechtlichen Risiken agieren.

Marius Schlageter unterstreicht: „Deutsche Unternehmen dürfen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden für die teils katastrophalen Zustände in ihren Lieferketten. Ein wirksames Lieferkettengesetz in Deutschland würde zudem einen deutlichen Impuls für eine EU-weite Regelung setzen. Bundesregierung und Bundestag müssen den Gesetzentwurf deutlich nachschärfen und sich dann dafür einsetzen, dass Regelungen zu Lieferketten auch in Europa und weltweit umgesetzt werden.“

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