Europapolitik

Nach dem Brexit: Rasch weiterverhandeln!

Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union beginnt eine neue Phase der Verhandlungen. Ein weiteres Abkommen soll nicht nur über zukünftige Handelsbeziehungen Klarheit verschaffen, sondern auch Fragen von Jugendaustausch oder Aufenthaltsrechten regeln. Im Interesse junger Menschen haben wir diesbezüglich klare Forderungen.

Durch den Vollzug des Brexits am 31. Januar 2020 ändert sich im europäischen Alltag zunächst nicht viel. Vielmehr sind in der jetzt beginnenden Übergangszeit die Rahmenbedingungen für die Zukunft auszuhandeln. Bis Ende des Jahres müssen unzählige Details geklärt werden, um einen harten Austritt und das damit verbundene Chaos zu verhindern. Für uns als DBJR ist dabei besonders wichtig, dass die Stimmen junger Menschen gehört und deren Bedürfnisse berücksichtigt werden. Unser Vorsitzender und Vorstandsmitglied der Europäischen Bewegung Deutschland (EBD), Tobias Köck, sagt dazu: „Die Grundprinzipien der EU, die Reisefreiheit, die Freizügigkeit und der intensive Austausch über nationale Grenzen hinweg sind für uns das Fundament des erfolgreichsten Friedensprojektes aller Zeiten. Vor diesem Hintergrund ist der Brexit nicht nur bedauerlich, er könnte auch fatale Folgen haben.“ Um negative Auswirkungen zu begrenzen und die europäische Idee aufrechtzuerhalten, braucht es endlich konstruktive Zusammenarbeit. Tobias Köck betont: „Jetzt liegt es an den Verhandlungsparteien, offene Fragen rasch zu klären und Gewissheit über das zukünftige Verhältnis herzustellen – im Sinne der Bürger*innen und vor allem der jungen Menschen, für die Europa längst kein Projekt mehr ist, sondern Lebensrealität.“

Konkret bedeutet das vor allem eine weitere Gewährleistung der europäischen Jugendbegegnung, die ein wesentliches Kernstück des Friedensprojekts Europa ist. Unser Vorstandsmitglied Marius Schlageter sagt dazu: „Die Entscheidung des Britischen Unterhauses, sich gegen eine Verhandlungspflicht um eine volle Mitgliedschaft im Programm Erasmus+ auch nach dem Brexit auszusprechen, ist verheerend und birgt die Gefahr, dass sich das Vereinigte Königreich dauerhaft aus der Begegnungsarbeit zurückzieht“. In Zukunft könnten nur noch Kinder und Jugendliche aus finanziell besser gestellten Familien in der Lage sein, an Austauschprogrammen teilzunehmen und etwa für Studium und Ausbildung nach Großbritannien oder in die EU zu gehen. Eine solche Realität wäre für uns untragbar. „Die Teilnahme an Austauschprogrammen darf kein Privileg für Wohlhabende sein“, so Marius Schlageter weiter. Unsere Forderung lautet daher: Das Vereinigte Königreich muss auch nach dem Brexit Teil von Erasmus+ bleiben! Die Britische Regierung muss diesbezüglich Verhandlungen aufnehmen und die Europäische Kommission sollte diesen offen gegenüberstehen. Außerdem sollten zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden, um gezielt den Austausch junger Menschen zwischen Großbritannien und der EU zu fördern.

Weiterhin betonen wir, dass der Brexit kein schlicht rechtlicher Vorgang ist. Dahinter stehen menschliche Schicksale und viele ungeklärte Fragen. Was passiert mit Brit*innen in der EU und was mit EU-Bürger*innen, die in Großbritannien wohnen? Diese Menschen leben bereits sehr lange Zeit in Ungewissheit. Die aktuelle Regelung, dass EU-Bürger*innen im Vereinigten Königreich noch bis Ende des Jahres Zeit haben, eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen, klärt noch nicht alle Details und bedeutet kein automatisches Bleiberecht. Gleichzeitig sind auch viele Familien davon bedroht, auseinandergerissen zu werden. Insbesondere das Recht unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, die in der EU gestrandet sind, auf Nachzug zu Verwandten nach Großbritannien ist weiter ungeklärt. Wir fordern daher eine schnelle Klärung aller offenen Fragen – nicht nur auf einer technischen Ebene, sondern unter Berücksichtigung der betroffenen Menschen.

Außerdem mahnen wir, keine harte Grenze zu Nordirland einzurichten und so einen drohenden Rückfall in einen bewaffneten Konflikt zu befördern. Die EU hat durch ihre Kohäsionspolitik maßgeblich die soziale und wirtschaftliche Entwicklung Nordirlands gefördert und damit den Friedensprozess in Irland unterstützt. Unsere Forderung ist daher: Es muss weiterhin alles dafür getan werden, den Friedensprozess in Irland weiter zu führen. Eine physische Grenze darf auch beim Verlassen der Zollunion nicht wiedererrichtet werden.

Zuletzt möchten wir betonen, dass das Vereinigte Königreich auch nach dem Brexit weiterhin zu Europa, zur Europäischen Gemeinschaft gehört. Globale Herausforderungen wie Klimawandel, Artensterben, Flucht- und Wanderungsbewegungen, soziale Ungleichheit, ungerechte Verteilung von Ressourcen und die Sicherung von Frieden machen keinen Halt vor nationalstaatlichen Grenzen. Diese Themen müssen im supranationalen Kontext behandelt werden. Wir fordern daher: Die Tür zur EU darf nicht zugeschlagen werden. Falls das Vereinigte Königreich eines Tages die Rückkehr in die Europäische Union plant, sollte diesem Vorhaben mit aller Offenheit begegnet werden.

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