Nachhaltige Entwicklung

Viele Milliarden fürs Klima-Kleinklein

Das Konzept des Klimakabinetts zur Bewältigung der Klimakrise ist enttäuschend. Und es ist im Ansatz falsch: Es geht weiter davon aus, dass der Markt alles regelt. „Aber der Markt ist eher Treiber der Klimakrise, die Vorschläge der Bundesregierung ändern daran im Kern nichts“, sagt unser Vorstandsmitglied Christoph Röttgers.

Die Art und Weise, wie die Regierung zu ihrem Klimakonzept gekommen ist, spricht ebenfalls Bände: Mal wieder eine Nachtsitzung mit Verlängerung vor einer sehr wichtigen Entscheidung, mal wieder Streit im Kleinklein – alles wie immer vor einem groß angekündigten Masterplan. „Diese Art Politik ohne Vision treibt die junge Generation – und inzwischen die gesamte Bevölkerung –  zurecht auf die Straße“, sagt unser Vorstandsmitglied Jannis Pfendtner. Passend, dass der weltweite Klimastreik und das Klimakonzept auf den gleichen Tag fallen.

Mit ihren Maßnahmen behandelt die Bundesregierung nur Symptome, sie wagt sich nicht an die Ursache. Die Abkehr vom ständigen Wirtschaftswachstum zu einer Gesellschaft, die planetare Grenzen ernst nimmt und ihren Konsum einschränkt, ist in den Vorschlägen nicht erkennbar. Kein Wort über die notwendige sozial-ökologische Transformation. Eine radikale Bremse für den CO2-Ausstoß: Fehlanzeige. Die Abschaffung klimafeindlicher Subventionen: Fehlanzeige. Ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz bis zum Jahresende: Fehlanzeige. Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, müssten nach dem Stand der Forschung die Industriestaaten bis 2030 aus allen fossilen Energien ausgestiegen sein, ab 2050 dürften keine vom Menschen verursachten Treibhausgase mehr entstehen (IPCC 2018). „Deutschland könnte und müsste beweisen, dass es geht. Aber die Regierung hat nicht den Mut dazu“, sagt unser Vorstandsmitglied Jannis Pfendtner.

Das Getöse um dieses „Klimakonzept“ und die Milliarden für wenig aufeinander abgestimmte Maßnahmen machen uns fassungslos. Vorschläge, die seit Jahren auf dem Tisch liegen, sozial gerecht wären, Ursachen wirksam bekämpfen sowie besonders jungen Menschen ein Signal senden, sucht man vergebens:

Kein Wort zum massiven Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs mit einer intelligenten Steuerung sowie transparenten Tarif- und Fahrplansystemen. Kein Wort zum Ausbau der Radverkehrswege im urbanen und ländlichen Raum zu Lasten der Straße. Das Auto bleibt Heiligtum der deutschen Politik – E-Mobität hin oder her. Einen Anreiz für weitere alternative klimaneutrale Antriebe gibt es nicht. Nach wir vor lässt die Bundesregierung die Finger von klimafeindlichen Subventionen für Flugverkehr und Dienstwagen. Immerhin sollen Bahnfahrten günstiger werden – durch eine Reduktion der Mehrwertsteuer.

Auch beim Energiesektor ist keine Wende erkennbar. Im Maßnahmenplan ist keine ernsthafte und zukunftsweisende Weiterentwicklung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vorgesehen. „Wir müssen den Verbrauch drastisch verringern und die Energieeffizienz im öffentlichen Sektor drastisch steigern“, sagt Christoph Röttgers. Energieeffizientes Wirtschaften im privaten Sektor ist notwendig. Davon steht wenig bis bichts im Vorschlag der Bundesregierung.

Blinde Flecken bleiben auch im Bereich der Landwirtschaft. Eine Förderpolitik, die bäuerliche nachhaltige Landwirtschaft für ihre gesellschaftlichen und klimaschützenden Leistungen entlohnt,  gibt es noch immer kaum . Der Erhalt von Kulturlandschaften zur Kompensation von Kohlenstoffdioxid-Emissionen ist nicht eingeplant. Und selbst Maßnahmen wie die Sicherstellung frühzeitiger Hofübergaben und der Ausbau der Junglandwirteförderung im Sinne junger, innovativer und veränderungsbereiter Landwirtschaft – nicht erkennbar. Der Erhalt und den Ausbau von Grünräumen, unter anderem als Kohlenstoffdioxid-Senker, ist ebenfalls nicht im Katalog der Regierung vorgesehen. „Es wären so viele einfache und wirksame Maßnahmen möglich, und trotzdem bleibt der Vorschlag der Regierung deutlich hinter den notwendigen Taten zurück", sagt Jannis Pfendtner.

Aus unserer Sicht reicht der Fokus alleine aufs Klima auch nicht mehr aus. Wir müssen Verpackungsmüll vermeiden, unbedingt die Artenvielfalt erhalten und endlich die Welt als Ökologie-System begreifen – nicht als Ökonomie-System. Die Wissenschaftler*innen warnen seit Jahren und schlagen Lösungen vor. In den Vorschlägen des Klimakabinetts sind die wissenschaftliche Erkenntnisse aber sträflichst vernachlässigt.

Fotohinweis: Die Grafik zeigt die Jahrestemperaturen in Deutschlands von 1881-2017.

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