Nachhaltige Entwicklung

Junge Menschen bewegen - Eine nachhaltige Mobilitätswende für alle!

Die DBJR-Vollversammlung hat am 30./31.10 2020 die Position „Junge Menschen bewegen - Eine nachhaltige Mobilitätswende für alle!“ beschlossen.

Mobilität als Schlüssel für die Entwicklung und Bildung junger Menschen

Mobilität ist eine wichtige Voraussetzung für Inklusion, Selbstbestimmung, Emanzipation und Partizipation aller jungen Menschen. Die Möglichkeit, sich eigenständig fortbewegen zu können und dabei über Anlass, Ort, Zeit, und Verkehrsmittel selbst zu entscheiden, ist sowohl ein wichtiger Entwicklungsschritt, als auch die Voraussetzung für ihre gesellschaftliche Teilhabe. Alltagswege zur Schule, zum Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, Studium oder zu Freizeitaktivitäten, zum Treffen von Freund*innen und Familienmitgliedern sind hierbei ebenso von Bedeutung wie Reisen oder Wohnortwechsel.

Stärker als für alle anderen Bevölkerungsgruppen ist Mobilität für Kinder und Jugendliche ein Schlüssel für Bildung, neue Erfahrungen und die Entwicklung ihrer Kompetenzen. Räumliche Mobilität ist hierbei die Voraussetzung für soziale Mobilität. Ohne Fortbewegung gibt es auch keine gesellschaftliche Bewegung im Sinne des Abbaus von Benachteiligung und Ermöglichung von sozialem Aufstieg.

Viele Grund- und Menschenrechte würden ohne die Möglichkeit von Mobilität ins Leere laufen. Gleichwohl haben Kinder und Jugendliche nicht die gleichen Rechte und Chancen mobil zu sein wie Erwachsene. So können sich junge Menschen – bis zu einem gewissen Alter – ihren Wohnort nicht selbst aussuchen. Oder sie haben nur einen geringen Einfluss auf die sozio-ökonomische Situation in ihrem Lebensumfeld und damit auf die Ausgaben, die für ihre Mobilität zu Verfügung stehen. Darüber hinaus sind junge Menschen bis zu einem bestimmten Alter auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), Fuß- oder Fahrradwege bzw. den Shuttledienst ihrer Eltern angewiesen. Gleichzeitig werden sie kaum in politische Entscheidungsprozesse einbezogen, welche ihre Mobilität betreffen.

Jugendverbandsarbeit als Anlass für Mobilität junger Menschen

Um an den außerschulischen Aktivitäten der Jugendverbände teilzunehmen, ist Mobilität zwingend notwendig. Gruppenstunden, Ferienfreizeiten, Jugendreisen und Schulungen für Jugendleiter*innen ermutigen junge Menschen sich fortzubewegen, ihre eigenen Freiräume zu entdecken, zu erleben und zu gestalten. Dabei reicht die Spanne unterschiedlicher Mobilitäten von kurzen Wegen zur Gruppenstunde bis zum grenzüberschreitenden Verkehr auf Maßnahmen der Internationalen Jugendarbeit. Nicht nur für Teilnehmer*innen an den Aktivitäten, sondern auch für junge Leiter*innen bzw. haupt- und ehrenamtliche Amtsträger*innen gehört der gemeinsame Austausch an unterschiedlichen Orten zur täglichen Arbeit in den Jugendverbänden. Digitale Mobilität kann die Vernetzung vor Ort sinnvoll ergänzen, wird aber den unmittelbare Begegnung zwischen jungen Menschen nicht ersetzen.

In Jugendverbänden organisieren sich junge Menschen selbst und vertreten ihre Interessen, wozu eine klimaneutrale, umweltfreundliche und solidarische Gesellschaft gehört. Ein jugendgerechtes und zukunftsfähiges Miteinander wird von und durch junge Menschen partizipativ gestaltet und orientiert sich an Bedarfen von Ehrenamtler*innen. Unser Gesellschaft muss für Heranwachsende gesund und sicher organisiert sein und internationale Vernetzung ermöglichen.

Diese Kriterien, für eine ökologische, soziale, partizipative, gesunde, sichere, ehrenamtsfreundliche und internationalen Mobilität können nicht getrennt voneinander betrachtet und umgesetzt werden. Diesen legen wir unsere Forderungen für eine umfassende Verkehrswende zu Grunde - für alle jungen Menschen.

Umweltfreundlich, klimaneutral und postfossil - Mehr Mobilität, weniger Verkehr

Der Verkehrssektor befeuert das Klima: 2018 gingen ein Fünftel der in Deutschland ausgestoßenen CO2-Emissionen auf das Konto des Verkehrs. Es ist zudem der einzige Sektor, der seit 1990 seine CO2-Emissionen nicht reduziert hat, weil Rebound-Effekte dazu führen, dass Einsparungen als Folge des technologischen Fortschritts durch steigenden Kraftstoffverbrauch durch größere Fahrzeuge und häufigere Nutzung wieder aufgehoben werden. Unsere Generation ist die erste, welche die gravierenden Klimafolgen zu spüren bekommt. Und die letzte Generation, die dagegen noch etwas unternehmen kann. Die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens funktioniert nur mit einer umfassenden Mobilitätswende.[1]

Für uns bedeutet dies, unsere Fortbewegung grundlegend zu einer postfossilen und damit klimaneutralen und ressourcensparenden Mobilität umzugestalten, die sich am Menschen orientiert und kollektiven und klimafreundlichen Verkehrsmitteln den Vorrang vor motorisiertem Individualverkehr gibt. Wir wollen Mobilität mit so wenig Verkehr wie möglich erreichen. Auch eine Antriebswende durch innovative Forschung an neuen, treibhausgasneutralen Technologien ist erforderlich. Vorrangig geht es jedoch um ein grundlegendes Umdenken, wie wir uns in einer sozialen und ökologisch nachhaltigen Zukunft von einem Ort zum anderen fortbewegen.

Ebenso bedeutend sind eine bedarfsgerechte Verknüpfung verschiedener Fortbewegungsmittel und eine politische Steuerung, die Anreize hin zu klimafreundlichen Verkehrsmitteln schafft. Auch an ordnungspolitischen Instrumenten – Geboten und Verboten – wird kein Weg vorbei führen. Unabhängig vom Verkehrsmittel unterstützen wir eine nachhaltige Verkehrsplanung, die auch Naturschutz berücksichtigt, die Natur nicht zerschneidet und bereits versiegelte Flächen bevorzugt nutzt. Die Mobilität der Zukunft muss Menschen aller sozialen Milieus sowohl in den urbanen, als auch in den ländlichen Räumen nutzen, ohne dabei das Klima, die Artenvielfalt und die Gesundheit der Bevölkerung zu beeinträchtigen. Deshalb fordern wir eine umfassende jugendgerechte Verkehrswende in verschiedenen Sektoren mit folgenden Bausteinen:

Motorisierter Individual- und Güterverkehr

  • Abkehr von einer autozentrierten Stadtplanung, um den PKW-Verkehr zu reduzieren.

  • Neuverteilung der vorhandenen Flächen: nicht mehr benötigte (vorher dem Auto vorbehaltene) Verkehrsflächen zu Rad- und Fußwegen sowie innerstädtischen Freiräumen umbauen.

  • Ausbau- und Planungsstopp für Schnell- und Fernstraßen.

  • Keine neuen Umgehungsstraßen bei gleichzeitigem Durchfahrtsverbot von LKW in Dörfern und Kleinstädten sowie klugen Verkehrsleitsystemen.[2]

  • Neustrukturierung der Fördermittel: Instandhaltung und Sanierung fördern statt stetigem Neubau von Straßen.

  • Verschärfte Bemessung der KFZ-Steuer anhand des jeweiligen Emmissionsausstoßes.

  • Abschaffung von Dieselsubventionen und schnellstmöglicher Ausstieg aus der Verbrennungsmotoren-Technologie durch Verbot des Verkaufs von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2030.

  • Vorrang des so genannten Grünen Wasserstoffs vor der Elektromobiliät, die durch den hohen Ressourcenaufwand, besonders an “seltenen Erden”, und der bislang unzureichenden Recyclingfähigkeit der Akkus langfristig keine Alternative zu den mit fossilen Kraftstoffen betriebenen Verbrennungsmotoren darstellt.

  • Ausbau der Förderung für den Grünen Wasserstoff, der als CO2-neutral herstellbarer Kraftstoff derzeit die besten Voraussetzungen für den Treibstoff der Zukunft mit sich bringt.

Schienengebundener Nah- und Fernverkehr

  • Die Bundesrepublik Deutschland als alleinige Anteilseignerin muss die Deutsche Bahn AG als öffentliches und gemeinwohlorientiertes Unternehmen ausrichten, welches seine Erfolge statt an Gewinnmaximierung, an der Zielstellung einer nachhaltigen, flächendeckenden, kostengünstigen, sicheren, barriefreien und zuverlässigen Mobilität für alle bemisst.

  • Konsequente Nutzung von Ökostrom im Nah- und Fernverkehr.

  • Erhöhte Investitionen in die Schienen-Infrastruktur: Ausbau bzw. Reaktivierung von Strecken im Regionalverkehr und Ausbau von Hochgeschwindigkeitsstrecken im Fernverkehr.

  • Für einen Umstieg vom Flugzeug auf die Bahn braucht es einen Neu- und Ausbau von Nachtzügen und ihrer Strecken sowie eine vereinfachten Buchung von Tickets bei internationale Reisen.

  • Ein integraler Taktfahrplan für ganz Europa.

  • Eine konsequente Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene bzw. auf Wasserstraßen.

Fuß- und Radverkehr

  • Fuß- und Radverkehr muss in der Stadt- und Verkehrsplanung priorisiert werden.

  • Schaffung notwendiger Fahrradinfrastruktur im Kleinen (z.B. Fahrradabstellplätze, Lastenräder, Dienstfahrräder, Leihradsysteme) wie im Großen (Radschnellwege, Brücken über vielbefahrene Straßen, steuerliche Förderung des Fahrradkaufs statt Autokaufs) für den Umbau zu einer fahrradfreundlichen Gesellschaft.

  • Die Fahrradmitnahme im Nah- und Fernverkehr muss zu jeder Tages- und Nachtzeit kostenlos sein.[3]

  • Neue Fortbewegungsmittel wie Elektro-Kleinstfahrzeuge (zum Beispiel Elektro-Scooter) sollten als Bestandteil eines zukunftsorientierten, intelligenten Verkehrskonzeptes integriert werden. Dabei sind Kannibalisierungseffekte für den ÖPNV und den öffentlichen Raum, insbesondere durch kommerzielle Verleihfirmen, auszuschließen.

  • autofreie oder verkehrsberuhigte Zonen als Leitbild etablieren.

Flugverkehr

  • Abschaffung von Kurzstreckenflügen innerhalb Europas bis 1.000 Kilometer.

  • Einführung einer Kerosinsteuer auf nationaler und europäischer Ebene.

  • Mehrwertsteuer auch auf internationale Flugtickets ausweiten.

  • Streichung aller weiterer Subventionen des Flugverkehrs.

  • Schließung aller Regionalflughäfen.

  • Einführung einer CO2-basierten Luftverkehrssteuer.

  • Stattdessen Ausweitung der Förderung und Intensivierung der Forschungsmittel für alternative, umweltfreundliche Antriebstechnologien im Luftverkehr.

Schifffahrt

  • Verschärfung bisheriger Emmissionsgrenzwerte in der Schifffahrt, insbesondere für Schwefel, Stickstoffoxide und Kohlendioxide.

  • Verbot von giftigem Schweröl, wie es beispielsweise in der internationalen Seeschifffahrt sehr häufig Verwendung findet.

  • Hafengebühren nach ökologischen Kriterien einführen und Landverstromung aus erneuerbaren Energien für (Kreuzfahrt-)Schiffe verbindlich einführen.

Solidarisch, gerecht und preiswert - Mobilität als Teil der Daseinsvorsorge

Mobilitätsangebote sind Teil öffentlicher Daseinsvorsorge und müssen gemeinwohlorientiert organisiert sein. Angesichts der Bedeutung von Mobilität für das Leben junger Menschen und ihren Einfluss auf deren Bildungs- und Teilhabechancen ist die soziale Dimension von Mobilität von erheblicher Bedeutung. Primäre Anforderung an eine solidarische Verkehrspolitik ist es dabei, Gerechtigkeitslücken zu schließen. Bei der Ausgestaltung der Mobilitäten, genauso wie bei deren Finanzierung. Eine zukunftsfähige Mobilitätspolitik muss dabei alle jungen Menschen mit ihren Bedürfnissen in den Blick nehmen und Benachteiligungen abbauen. Von Kinder- und Jugendarmut Betroffene sind dabei ebenso zu berücksichtigen, wie junge Menschen mit Behinderung. Jungen Menschen im ländlichen Raum muss eine nachhaltige, intelligente und vernetzte Mobilität ebenso angeboten werden, wie Stadtbewohner*innen.

Eine Verkehrswende kann es nur mit attraktiven Arbeitsplätzen und mehr Personal geben.

Die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Nahverkehr sind bundesweit sehr verschieden. Es gibt in dieser Branche kein einheitliches Tarifniveau. Das bedeutet, dass Arbeitsbedingungen sehr unterschiedlich sind. Für den Klimaschutz müsste das ÖPNV-Angebot verdoppelt werden.

Bis 2030 werden im ÖPNV etwa 100.000 neue Beschäftigte benötigt, weil bis dahin jeder zweite in Rente geht. Weitere 15.000 zusätzliche Einstellungen werden gebraucht, um zum Stand im Jahr 2000 vor dem Beschäftigungsabbau zurückzukehren. Eine Verdoppelung des ÖPNV-Angebots für den Klimaschutz bräuchte noch mehr Menschen, allein rund 70.000 Beschäftigte im ÖPNV. Hinzu kommen Kosten für Material und Ausbau von Schienen und Betriebsanlagen, größeren Fahrzeugen und Taktverdichtungen. Aus diesen Gründen fordern wir für eine sozial gerechte Mobilitätswende:

  • Einen massiven Ausbau eines qualitativ hochwertigen, barrierefreien, öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).

    • Durch eine deutliche Takterhöhung, insbesondere in Abend- und Nachtstunden,

    • mit einem Schwerpunkt in den ländlichen Räumen als Teil einer allgemeinen Mobilitätsoffensive,

    • primär durch den Ausbau des Bahnnetzes, der Buslinien und Straßenbahnen,

    • der mit Leihfahrrad- und stationären Carsharing-Angeboten Mobilitäts- Knotenpunkte bildet.

  • Eine solidarische Finanzierung des ÖPNV durch eine zunächst kostengünstiges (max. 1 Euro am Tag bzw. 182,50 Euro pro Jahr), später entgelt-, fahrscheinloses und datensparsames Angebot für junge Menschen über die Grenzen bisheriger Verkehrsverbünde hinweg.

  • Eine Stärkung des Angebots im Schienenpersonenfernverkehr, insbesondere für junge Menschen, durch

    • Erweiterung der Gültigkeit der JugendBahncard 25 für junge Menschen bis 27 Jahre,
    • Einführung einer JugendBahncard 50 bzw. 100 für unter 27-Jährige zum Preis von 50 Euro bzw. 1.000 Euro pro Jahr,

    • Verstetigung des derzeit befristeten „Super Sparpreis Young“ der Deutschen Bahn und Übertragung dieser Ermäßigung auch auf Spar- und Flexpreise,

    • Aufbau eines kostenfreien und leistungsstarken Wlan- und Mobilfunk-Netzes in allen Bussen und Bahnen,

    • ein einheitliches europäisches Ticketsystem sowie die Schaffung von Voraussetzungen und die Bereitstellung von ausreichenden finanziellen Mitteln für nachhaltiges Reisen in der nationalen und internationalen Jugendverbandsarbeit.

  • Umfassende, vernetzte Mobilitäts-Dienstleistungen via App, auch speziell für junge Menschen.

  • Das Ende aller Privatisierungspläne, die Gewinne abschöpfen sollen, anstatt sie in eine dem Gemeinwohl dienende öffentliche Verkehrsinfrastruktur zu reinvestieren, sowohl bei der Deutschen Bahn, als auch bei Autobahnen.

  • Die Berücksichtigung eines an den Bedarfen der Anspruchsberechtigten orientierten Mobilitätsbudgets für alle Empfänger*innen von Grundsicherungsleistungen.

  • eine sofortige Entkriminalisierung der Beförderungserschleichung.

  • Die Weiterentwicklung der Entfernungspauschale („Pendlerpauschale“) hin zu einem Mobilitätsgeld für alle Menschen.

  • Den Aufbau einer kommunalen, auch digitalen Infrastruktur, die emissionsarme Mitfahrgelegenheiten und Fahrgemeinschaften gezielt fördert und um digitale wie physische Mitfahrerbänke in den örtlichen Verkehrskonzepten erweitert.

  • Kostenloser Nah- und Fernverkehr für alle Freiwilligendienstleistende.

  • Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im ÖPNV durch

    • vollständige personelle Ausstattung, damit Ruhezeit über die gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden können,

    • eine weitere Entlastung durch eine Verkürzung der Arbeitszeiten,

    • eine faire Bezahlung im gesamten Bundesgebiet,

    • Zuschläge für Schicht- und Nachtarbeit.

Partizipativ, inklusiv und divers - Verkehrsplanung von und für alle jungen Menschen

Um die Interessen und Bedarfe von jungen Menschen angemessen in allen Bereichen der Verkehrspolitik zu berücksichtigen, bedarf es einer direkten Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in für sie passenden Formaten. Als Grundlage für eine jugendgerechte Verkehrs- und Stadtplanung fordern wir:

  • Eine Mobilitätspolitik, die den Verkehr an Kinder und Jugendliche anpasst, um diesen somit sicherer für sie zu gestalten.

  • Den Aufbau bzw. die Dynamisierung von Förderinstrumenten, denen es jungen Menschen, insbesondere aus bestehenden, selbstorganisierten Strukturen erleichtert, sich an Stadt- und Verkehrsplanungsverfahren zu beteiligen.[4]

  • Eine konsequent geschlechtergerechte Verkehrspolitik, welche die Vielfalt junger Menschen mitdenkt. Diese fängt bei der Implementierung von Gender Mainstreaming in der Verkehrsplanung an und hört bei der Förderung feministischer Verkehrsforschung noch lange nicht auf.

  • Eine inklusive Verkehrspolitik, die Barrierefreiheit zu Leitprinzipien macht, sodass junge Menschen mit Behinderung selbstbestimmt, spontan und gleichberechtigt nach ihren individuellen Bedürfnissen mobil sein können ohne behinderungsbedingte Mehrkosten tragen zu müssen.

Kostenfrei, digital und barrierefrei - intelligente Mobilität für junge Ehrenamtliche

Ehrenamtliches Engagement ist von größter gesellschaftlicher Bedeutung. Gerade junge Menschen engagieren sich zahlreich in Vereinen und Verbänden. In Jugendverbänden als Werkstätten der Demokratie nimmt das Ehrenamt eine grundlegende Rolle ein. Deshalb muss die Mobilität junger Menschen breiter als bisher gedacht werden, denn diese sind mehr als die ihnen zugeschriebenen Rollen, wie Schüler*innen, Auszubildende oder Student*innen. Für eine ehrenamtsfreundliche Mobilität für junge Menschen fordern wir:

  • Fördertöpfe für Mobilität im Ehrenamt müssen ausgebaut, offensiver beworben und das Abrufen ihrer Mittel vereinfacht werden.

  • Schaffung eines Mobilitätsbudgets für junge Menschen bzw. für die Strukturen, in denen sie sich organisieren, bei gleichzeitigem Abbau von bürokratischen Hürden.

  • Barrierefreie Zugänge zur digitalen Mobilität. Erst stabiles und kostenfreies Internet sowie Zugänge zu entsprechenden Endgeräten für alle jungen Menschen, unabhängig von Lebenssituation und Wohnort, schaffen Zugänge, durch die sie sich online beteiligen zu können.

Sicher, sauber und kinder- und jugendgerecht - gesunde Mobilität ist möglich

Vor allem der Autoverkehr stellt eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer*innen dar – sowie ein nicht zu unterschätzendes gesundheitliches Risiko für große Teile der Bevölkerung. Dies gilt verstärkt für Kinder und Jugendliche. Die Mobilität kann und muss aber sicher und gesund gestaltet werden, daher fordern wir:

  • Ein Tempolimit im Straßenverkehr von 130 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen, um die Anzahl an Unfallopfern[5] und den Energieverbrauch zu reduzieren. Zudem verringert ein Tempolimit die bereits bestehenden negativen Auswirkungen von Autobahnen und Landstraßen wie die Zerschneidung von Biotopen oder der menschlichen Gesundheit dienenden Naherholungsgebieten.

  • Ein Tempolimit von 30 km/h in Städten und Ortschaften, das einhergeht mit der Reduzierung von gesundheitsschädlichen Lärmimmission und Schadstoffemissionen.[6]

  • Eine Reduktion der erlaubten Schadstoffausstoßmengen von Verbrennungsmotoren, um die Luftschadstoffemissionen insbesondere in den Städten zu verringern.

  • Eine deutliche Erhöhung der Bußgelder für Geschwindigkeitsüberschreitungen und Falschparken, welche sich am Einkommen der Fahrer*innen bemessen.

  • Eine starke Förderung des Radfahrens, weil es gesund ist und die Umwelt schont, insbesondere in den ländlichen Räumen. Dazu zählen gut ausgebaute Radwege, die neben stark frequentierten Landstraßen verlaufen sollten. Radwege sind dabei nicht nur für die Bedarfe des Tourismus, sondern die von Pendler*innen zu planen.

  • Die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs. Stattdessen steuerliche Anreize für Dienstfahrräder oder Jahresabos für Leihradsysteme einführen.

  • Eine Verkehrsplanung, die darauf ausgerichtet ist, Verkehr zu reduzieren[7]

Ganzheitlich, nachhaltig und international - Mobilität kennt keine Grenzen

Ein ganzheitliches, nachhaltiges und generationengerechtes Mobilitätskonzept muss international solidarisch sein. Deshalb sehen wir als Deutscher Bundesjugendring die Bundesrepublik Deutschland nicht nur in der Pflicht eine regionale Verkehrswende umzusetzen, sondern auch eine Mobilität für alle Menschen außerhalb der EU in deren Mitgliedsstaaten zu ermöglichen. Als Jugendverbände sind wir und unsere internationalen Partner*innen häufig damit konfrontiert, welchen Schwierigkeiten junge Menschen bei einer Teilnahme an Jugendbegegnungen ausgesetzt sind. Vermeidung von Verkehr ist in diesem Kontext keine Option, denn wir wollen, dass Mobilität von Menschen global gefördert wird. Deshalb fordern wir

  • den Abbau der Hürden für alle Visa bei längerfristigen Aufenthalten. Die Vergabe von Visa darf weder Wohlhabenden vorbehalten sein, noch als Machtinstrument für internationale Politik missbraucht werden.

  • Die Etablierung von Kompensationsmechanismen, um unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten von Menschen (unter anderem aus dem globalen Süden) eine Teilnahme an Jugendbegegnungen oder touristischen Reisen junger Menschen innerhalb Deutschlands oder der EU zu ermöglichen.

  • Die Visafreiheit für alle Jugendbegegnungen und touristischen Reisen junger Menschen in die Bundesrepublik und die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, unabhängig vom bisherigen Wohnort und der Staatsbürger*innenschaft.

 

Einstimmig beschlossen in der Vollversammlung am 30./31.10.2020.

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[1] www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/treibhausgas-emissionen/emissionsquellen

[2] www.dbjr.de/artikel/die-oekosoziale-stadt-fuer-alle-jungen-menschen/

[3] Vgl. www.dbjr.de/artikel/vorfahrt-fuers-fahrrad/

[4] www.dbjr.de/artikel/die-oekosoziale-stadt-fuer-alle-jungen-menschen/

[5] www.spiegel.de/auto/aktuell/tempolimit-mit-130-km-h-sinken-die-unfallzahlen-drastisch-a-1249595.html

[6] www.zeit.de/mobilitaet/2019-07/tempo-30-strassenverkehr-luftqualitaet-laerm-unfaelle. Insbesondere wohnen junge Menschen in prekären Verhältnissen und mit weniger finanziellen Möglichkeiten in Gegenden mit besonders erhöhten Emissionswerten (z.B. an mehrspurigen Straßen oder in Einflugschneisen). Daher würden diese Menschen besonders profitieren. Dies betrifft junge Menschen im Besonderen in armen Verhältnissen, die bereits in ihrer Kindheit an Atemwegserkrankungen erkranken können.

[7] Weniger Verkehr bedeutet weniger potenzielle Gefahren für schwächere Verkehrsteilnehmer*innen. Hiervon würden insbesondere Kinder und Jugendliche im nahen Wohnraumumfeld profitieren und ihnen so die Möglichkeit gegeben werden, vor Ort ihre Umgebung mit deutlich weniger Gefahren zu erleben. So würde eine Verkehrsplanung gegen Elterntaxis den Umwelt zerstörenden Verkehr reduzieren und für mehr Sicherheit vor Schulen sorgen und Kindern wichtige verkehrssichere Erfahrungen ermöglichen, die in ihrem Leben für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen würde.

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