Erinnerungsarbeit

Was bedeutet Auschwitz für uns?

Was bedeutet Auschwitz für uns? Mit dieser Frage startete im Januar 2015 das deutsch-israelisch-polnische Seminar in Krakau. Mehr als 100 junge Vertreter_innen von Jugendverbänden und Jugendringen aus Deutschland, Israel, Polen, aus Tschechien und Österreich suchten nach Antworten.

Wir diskutierten über die Rolle unserer Jugendbewegungen 70 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz. Zwischen Familiengeschichte und kollektivem Erinnern, zwischen persönlichem und gesellschaftlichem Blick lagen die Erzählungen, wie sich die Menschen in den jeweiligen Ländern erinnern.

Der Israelische Jugendring (CYMI), der Polnische Jugendring (PROM) und wir unterzeichneten eine gemeinsame Erklärung. Darin heißt es: Wir wollen gemeinsam eine politische Bildungsarbeit entwickeln, die es uns ermöglicht, aus der Vergangenheit zu lernen, sie zu vermitteln und eine Zukunft anzustreben, in der Rassismus und der Hass gegenüber Anderen bekämpft werden. Wir wollen eine von Solidarität und moralischem Engagement zugunsten Schwacher und Hilfsbedürftiger geprägte Zukunft schaffen. Bei jeder Begegnung von Jugendlichen, bei allen Treffen von Jugendorganisationen sind wir darauf bedacht, uns zu erinnern und allen Menschen an allen Orten ein würdevolles Leben zu ermöglichen und junge Menschen zu moralischem, an Werten orientiertem Verhalten zu bewegen. Es ist unsere feste Überzeugung und uns ein inneres Anliegen, die Menschheit zukünftig vor Ähnlichem zu bewahren. Die Strukturen unserer Jugendbewegungen sind demokratisch. Mit unserer Bildungsarbeit kämpfen wir aktiv gegen Vergessen, gegen Gleichgültigkeit, gegen sämtliche Formen von Hass, Rassismus und Gewalt. Zusammen lernen wir voneinander, indem wir uns die unterschiedlichen Sichtweisen unserer Gesellschaften nicht nur gegenseitig mitteilen, sondern uns auch über sie austauschen.

Wir engagieren uns deswegen für eine Welt, in der alle Menschen ohne Angst verschieden sein können.

Eindrücke von der Fahrt gibt es in einem Blog.

Gedenkstättenfahrten

Im Jahr 2015 haben nicht nur wir drei Jugendringe erfahren, wie wichtig Erinnern gegen das Vergessen ist. Auch bei den Gedenkstättenfahrten der Sozialistischen Jugend – Die Falken und bei der Fahrt eines breiten Bündnisses von Jugendverbänden und -organisationen: DGB-Jugend, Linksjugend ['solid], Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Jusos in der SPD, Naturfreundejugend Deutschlands (NFJD), SJD – Die Falken, Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej), Jugendwerk der AWO, Grüne Jugend, Österreichische Gewerkschaftsjugend (ÖGJ), Histadrut und HaNoar HaOved VeHaLomed (NOV), DIDF  stand dies im Zentrum.

Erinnerungsarbeit weiterentwickeln

Unserer Vollversammlung beschloss zum Abschluss des Erinnerungsjahres 2015 in diesem Sinne eine Position zur Erinnerungsarbeit. Aus unserer Sicht fördert Erinnerungsarbeit die Entwicklung eines kritischen Umgangs mit Geschichte und mit (Erinnerungs-)Politik. Jugendverbände und -ringe sind deswegen sehr aktiv, selbstverständlich auch die vielen jungen Menschen mit Migrationshintergrund. Das wiederum beeinflusst auch die Erinnerungsarbeit und -kultur der Jugendverbände und -ringe. Wir gehen deswegen der Frage nach, wie wir jungen Menschen mit unterschiedlichen familiär-historischen, -biografischen und kulturellen Hintergründen gerecht werden können, ohne dabei unkritische Beliebigkeit an den Tag zu legen. Gleichzeitig arbeiten wir daran, Relevanz und Aktualität für junge Menschen herzustellen, für die zeitlich und (kultur-)räumlich die NS-Herrschaft und der Holocaust weit fern zu liegen scheinen. Das Lernen in Jugendverbänden und -ringen geht dabei von den Ausgangs- und Wissenslagen junger Menschen sowie von ihren Anfragen aus; es ist nicht von Schuldzuweisungen, sondern von Zukunftsperspektiven geprägt.

Eine kritische Erinnerungskultur, die darauf abzielt, Umstände und Konsequenzen historischer Ereignisse zu verstehen, um Mechanismen in der Gegenwart erkennen zu können, muss auch thematisieren, welche gesellschaftlichen Akteure welches strategische Interesse an einer bestimmten Vermittlung der Geschichte haben. Damit Erinnerungsarbeit weiter entwickelt werden kann, brauchen wir zudem Unterstützung. Vor allem in multilateralen Seminaren steckt großes Potenzial, nachhaltig und langfristig dieses Ziel zu erreichen. Deswegen müssen entsprechende Förderprogramme bereitgestellt werden.

Die Teamer_innen des gemeinsamen deutsch-israelisch-polnischen Seminars berieten inzwischen über Nachfolgeaktivitäten, zum Beispiel ein weiteres gemeinsames Seminar. Materialien und Medien sowie Ideen stellen die Jugendringe noch zusammen, damit Interessierte für trilaterale Seminare eine Arbeitshilfe haben. Alle drei Jugendringe werden auch weiter aktiv die gemeinsam unterzeichnete Deklaration in ihrer Arbeit einsetzen.

Themen: Erinnerungsarbeit